Sechs Gesänge , opus 62

by Anton Grigoryevich Rubinstein (1829 - 1894)

1. Gondelfahrt [sung text not yet checked]

Horch, Mitternacht vorüber,
Die Straßen menschenleer!
Vom Mondlicht übergossen
Paläste, Kirchen, Meer!

Willst du Venedig schauen,
Nur jetzt versäum' es nicht!
Das ist die wahre Stunde,
Das ist das wahre Licht!

Die Marmorbilder leben,
Paläste ragen licht!
Wie riesige Silbertafeln
Mit großer Thaten Bericht.

Willst du dich freu'n der Liebe,
Versäume nicht ihr Gebot!
Die Gondel sei ihre Wiege,
Der Mond ihr Morgenroth!

Umrauscht von der Vorzeit Schauern
Die blühende Gegenwart
Mit liebendem Arm umschlingen,
Welch schöne Gondelfahrt!

Weinst du auch manche Thräne
Auf der Vergangenheit Grab,
Schnell trocknet mit weißem Händchen
Die Gegenwart dir sie ab.

Authorship:

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

2. Durch Erd' und Himmel leise [sung text not yet checked]

Durch Erd' und Himmel leise
Hinflutet eine Weise
Wie sanftes Harfenwehn,
Die jedem Dinge kündet,
Wozu es ward gegründet,
Woran es soll vergehn.

Sie spricht zum Adler: «Dringe
Zur Sonne, bis die Schwinge
Dir trifft ein Wetterschlag!»
Spricht zu den Wolken: «Regnet,
Und wenn die Flur gesegnet,
Zerrinnt am goldnen Tag!»

Sie spricht zum Schwan: «Durchwalle
Die Flut und dann mit Schalle
Ein selig Grab erwirb!»
Sie spricht zur Feuernelke:
«In Duft glüh' auf und welke!»
Zum Weibe: «Lieb' und stirb!»

Authorship:

See other settings of this text.

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

3. Ein Fichtenbaum [sung text not yet checked]

Ein [Fichtenbaum]1 steht einsam
Im Norden auf kahler Höh';
Ihn schläfert; mit weißer Decke
Umhüllen ihn Eis und Schnee.

Er träumt von einer Palme,
Die fern im Morgenland,
Einsam und [schweigend]2 trauert
Auf brennender Felsenwand.

Authorship:

See other settings of this text.

Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

View original text (without footnotes)

Confirmed with Heinrich Heine, Buch der Lieder, Hoffmann und Campe, Hamburg, 1827, page 137.

1 Biegeleben: "Tannenbaum"; further changes may exist not shown above.
2 Marx: "schweigsam"

Research team for this text: Emily Ezust [Administrator] , Pierre Mathé [Guest Editor]

4. Um Mitternacht [sung text not yet checked]

[Gelassen]1 stieg die Nacht an's Land,
Lehnt träumend an der Berge Wand,
Ihr Auge sieht die goldne Wage nun 
Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn;
  Und [kecker]3 rauschen die Quellen hervor,
  Sie singen der Mutter, der Nacht, in's Ohr
    Vom Tage,
  Vom heute gewesenen Tage.

Das uralt alte Schlummerlied,
Sie achtet's nicht, sie ist es müd';
Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch,
Der flücht'gen Stunden gleichgeschwung'nes Joch.
  Doch immer behalten die Quellen das Wort,
  Es singen die Wasser im Schlafe noch fort
    Vom Tage, 
  Vom heute gewesenen Tage.

Authorship:

See other settings of this text.

Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
  • DUT Dutch (Nederlands) (Wijtse Rodenburg) , no title, copyright © 2003, (re)printed on this website with kind permission
  • ENG English (Emily Ezust) , no title, copyright ©
  • ENG English (Bertram Kottmann) , copyright © 2004, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission

View original text (without footnotes)

Confirmed with Eduard Friedrich Mörike, Gesammelte Schriften, Erster Band, G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, 1878, page 138.

1 Franz, Wallnöfer: "Bedächtig" (from an earlier version of Mörike's poem)
2 Wallnöfer: "ins"
3 Franz: "kecker nur"

Research team for this text: Emily Ezust [Administrator] , Johann Winkler

5. Die erwachte Rose [sung text not yet checked]

Die Knospe träumte von Sonnenschein,
Vom Rauschen der Blätter im grünen Hain,
Von der Quelle melodischem Wogenfall,
Von süssen Tönen der Nachtigall,
[Und]1 von den Lüften, die kosen und schaukeln,
[Und]1 von den Düften, die schmeicheln und gaukeln.

Und als die Knospe zur Ros' erwacht,
Da hat sie [mild]2 durch Tränen gelacht
Und hat geschaut und hat gelauscht,
Wie's leuchtet und klingt,
Wie's duftet und rauscht.

Als all ihr Träumen nun wurde wahr,
Da hat sie vor süssem Staunen gebebt
Und leis geflüstert: Ist mir's doch gar, 
Als hätt ich [das]3 alles schon einmal erlebt.

Authorship:

See other settings of this text.

Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
  • ENG English (Uri Liebrecht) , copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La rose éveillée", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission

View original text (without footnotes)
1 omitted by Strauss.
2 Strauss: "milde"
3 Strauss: "dies"

Researcher for this text: Alberto Pedrotti

6. Die Heinzelmännchen [sung text not yet checked]

Wie war zu Cölln es doch vordem
Mit Heinzelmännchen so bequem!
Denn, war man faul, ... man legte sich
Hin auf die Bank und pflegte sich:
    Da kamen bei Nacht,
    [Ehe man's]1 gedacht,
  Die Männlein und schwärmten
  Und klappten und lärmten
      Und rupften
      Und zupften
  Und hüpften und trabten
  Und putzten und schabten...
Und eh' ein Faulpelz noch erwacht,...
War all sein Tagewerk... bereits gemacht!

Die Zimmerleute streckten sich
Hin auf die [Spän']2 und reckten sich.
Indessen kam die Geisterschar
Und sah, was da zu zimmern war:
    Nahm Meißel und Beil
    Und [Säg']3 in Eil';
  Sie sägten und stachen
  Und hieben und brachen,
      Berappten
      Und kappten,
  Visierten wie Falken
  Und setzten die Balken...
Eh' sich's der Zimmermann versah...
Klapp, stand das ganze Haus... schon fertig da!

Beim Bäckermeister war nicht Noth,
Die Heinzelmännchen backten Brot.
Die faulen Burschen legten sich,
Die Heinzelmännchen regten sich --
    Und ächzten daher
    Mit den Säcken [schwer]4!
  Und kneteten tüchtig
  Und wogen es richtig
      Und hoben
      Und schoben
  Und fegten und backten
  Und klopften und hackten.
Die Burschen schnarchten noch im Chor,
Da rückte schon das Brot, ... das neue, vor.

Beim Fleischer gieng es just so zu:
Gesell und Bursche lag in Ruh.
Indessen kamen die Männlein her
Und hackten das Schwein die Kreuz und Quer.
    Das ging so geschwind
    Wie die Mühl' im Wind:
  Die klappten mit Beilen,
  Die schnitzten an Speilen,
      Die spülten,
      Die wühlten
  Und mengten und mischten 
  Und stopften und wischten.
[That]5 der Gesell die Augen auf --
Wapp! hieng die Wurst da schon im Ausverkauf!

Beim Schenken war es so: es trank
Der Küfer, bis er niedersank,
Am hohlen Faße schlief er ein,
Die Männlein sorgten um den Wein,
    Und schwefelten fein 
    Alle Fässer ein
  Und rollten und hoben
  Mit Winden und Kloben,
    Und schwenkten
    Und senkten
  Und gossen und panschten,
  Und mengten und manschten.
Und eh' der Küfer noch erwacht:
War schon der Wein geschönt und fein gemacht!

[Einst hatt' ein Schneider]6 große Pein:
Der Staatsrock sollte fertig sein;
Warf hin das Zeug und legte sich
Hin auf das Ohr und pflegte sich.
    Da schlüpften sie frisch
    In den Schneidertisch;
  Und schnitten und rückten
  Und nähten und stickten,
      Und faßten
      Und paßten
  Und strichen und [guckten,
  [Und zupften und ruckten]7,
Und eh mein Schneiderlein erwacht:
War Bürgermeisters Rock... bereits gemacht!

Neugierig war des Schneiders Weib,
Und macht sich diesen Zeitvertreib:
Streut Erbsen hin die andre Nacht,
Die Heinzelmännchen kommen sacht:
    Eins fähret nun aus,
    Schlägt hin im Haus,
  Die gleiten von Stufen,
  Die plumpen in Kufen,
      Die fallen
      Mit Schallen,
Die lärmen und schreien,
[Und vermaledeien]8!
Sie springt hinunter auf den Schall
Mit Licht: husch, husch, husch, husch! -- verschwinden all!

O weh! nun sind sie alle fort
Und keines ist mehr hier am Ort!
Man kann nicht mehr wie sonsten ruhn,
Man muß nun Alles selber thun,
      Ein Jeder muß fein
      Selbst fleißig [sein]9,
  [Und kratzen und schaben
  Und rennen und traben]10
      Und schniegeln
      Und biegeln
  Und klopfen und hacken
  Und kochen und backen.
Ach, daß es noch wie damals wär!
Doch [kommt die schöne Zeit nicht wieder her]11!

Authorship:

See other settings of this text.

Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • ENG English (Gary Bachlund) , "The little fairies of Cologne", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission

View original text (without footnotes)

Confirmed with August Kopisch, Allerlei Geister: Mährchenlieder, Sagen und Schwänke, Berlin: Alexander Duncker, 1848, pages 88 - 92.

1 Loewe: "Eh' man es"
2 Loewe: "Bank"
3 Loewe: "Säge"
4 Loewe: "so schwer"
5 Loewe: "Und that"
6 Loewe: "Ein Schneider hatte"
7 Loewe: "kuckten"
8 Loewe: "Vermaledeien"
9 Loewe: "nun sein"
10 Loewe: "Muß rennen und traben,/ Muß kratzen und schaben"
11 Loewe: "kömmt die schöne Zeit nicht mehr"

Research team for this text: Emily Ezust [Administrator] , Melanie Trumbull