Ihr fordert hüpfend eine Gabe Mir, kleinen Schmeichler, ab? Hier habt Ihr alles, was ich habe, Und mir die Muse gab. Die Muse -- doch ich hör' Euch fragen, Welch Wunderding dieß ist? Ich will es im Vertraun Euch sagen, So bald ich Euch geküßt. Es ist die väterliche Liebe, Der jede Liebe weicht, Und der bei mir nichts, als die Liebe Für Eure Mutter gleicht. Sie wird Euch diese Lehren geben, Durch Harmonie versüßt; Weit kräftiger lehrt Euch ihr Leben, Das lauter Wohllaut ist.
Lieder für Kinder
Song Cycle by Johann Adam Hiller (1728 - 1804)
1. Zuschrift an ein paar Kinder
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Zuschrift an ein Paar Kinder", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder
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Confirmed with Christian Felix Weisse, Kleine lyrische Gedichte, zweiter Band, Carlsruhe: Christian Gottlob Schmieder, 1778, pages 123 - 124. Appears in Lieder für Kinder.
Research team for this page: Bertram Kottmann , Melanie Trumbull
2. Der junge Baum
Das liebe kleine Bäumchen hier, Das einst gepflanzet ward mit mir, Trägt schon so jung und zart Die Früchte von der besten Art. Es lohnt des Gärtners froher Hand, Den Fleiß, den er darauf verwandt: Was wird, ihn zu erfreun, Es nicht erst einst erwachsen sein! O! bin ich nicht den Bäumchen gleich? Zwar jetzt nur noch an Hoffnung reich: Doch will ich nicht nur blühn, Nein, einst von goldnen Früchten glühn.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Der junge Baum", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder
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Researcher for this page: Melanie Trumbull3. Das Veilchen  [sung text not yet checked]
Warum, geliebtes Veilchen, blühst Du so entfernt im Tal? Versteckst dich unter Blätter, fliehst Der stolzen Blumenzahl. Und doch voll Liebreiz duftest du; Sobald man dich nur pflückt, Uns süßre Wohlgerüche zu, Als manche, die sich schmückt. Du bist der Demut Ebenbild, Die in der Stille wohnt, Und den, der ihr Verdienst enthüllt, Mit frommen Dank belohnt.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Lob der Unschuld
Du, der Unschuld süße Ruh', o wie lieblich schmeichelst du unser'n Seelen! Eitle Wollust fleucht vor dir, und doch lässest du es mir nicht an Wollust fehlen. Du streust Rosen und Jasmin auf die sicher'n Pfade hin, die ich gehe; ich bin ganz Zufriedenheit, wenn ich dich voll Heiterkeit auf mich lächeln sehe. Ohne Kummer, ohne Reu' führst du sie vor mir vorbei, meine Tage. Meine Müh' machst du mir leicht, und in meine Spiele schleicht sich nicht späte Klage. Lass mein Herz sich deiner freu'n, dich noch, werd' ich älter sein, Freundin nennen. In dem Unglück tröste mich, und nie lass mich ohne dich eine Freude kennen!
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler5. Der Mai  [sung text not yet checked]
Es lächelt aufs neu Der fröhliche Mai In buntem festlichen Kleide. Von Höhen und Tal Tönt überall Die süße Stimme der Freude. In Wiesen und Flur Giebt uns die Natur Die schönsten Blumen zu pflücken. Drum will ich zum Tanz Mit einem Kranz Die blonden Haare mir schmucken. Doch sollt ich nicht den, Der alles so schön Erschuf, erst brünstig erheben? Durch Jubelgesang Preis ihn mein Dank, Doch mehr: mein künftiges Leben!
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Der Mai"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Der Tod  [sung text not yet checked]
Es sterben Greise Und sind nicht weise, Und wenn man sie dereinst begräbt, Wird sie kein Edler klagen; Denn man weiß nichts zu sagen, Als daß sie lang genug gelebt. Sollt'ich nicht streben, Also zu leben, Daß, wenn man mich auch jung begräbt, Die Frommen mich beklagen, Und zu einander sagen, O hätt'er länger doch gelebt!
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Der Tod"
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Researcher for this page: Ferdinando Albeggiani7. Der Apfel  [sung text not yet checked]
Als jüngst Hänschen in dem Gras Sich ein Blumensträuschen las, Fand er, welch Vergnügen! Einen Apfel liegen. Hänschen hüpfte froh daher; "Ey wie wunderschön ist er!" Sprach er; "meinem Magen Soll er wohl behagen." Voll Begierde biß er zu ... Hänschen, o was sprudelst du? Will dem kleinen Gecken Nicht der Apfel schmecken? O sprach er: "der Wurm ist drinn!" Und warf ihn entrüstet hin: "Eine schöne Lügen Laß ich mich betrügen!"
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Der Apfel", appears in Kleine lyrische Gedichte
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]8. Die Freiheit
Warum, du kleine Nachtigall, hör' ich nicht deiner Stimme Schall mehr der Natur zu Ehren? Du sangst in Sträuchen ja zuvor so wunderschön, dass aller Vögel Chor schwieg, wenn du sangst, um dich zu hören. Im gold'nen Bauer sitzest du; ich trage dir die Speise zu schon mit dem früh'sten Morgen. Kein Sturm und Regen schadet dir; doch du singst nicht und sitzest traurig hier, als hättest du recht schwere Sorgen. Wie, sollt' es dich vielleicht gereu'n, bei mir hier eingesperrt zu sein? Da flieg in Freiheit wieder! O ja! du singst, schon hör' ich dich vom nächsten Baum, und du belohnest mich dafür durch deine besten Lieder!
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler9. Die wahre Größe
Der Krieger dürstet nach Ehre in blutigem Feld und glaubt, er bau' ihr Altäre, wenn mancher edle Held von seinem Schwertstreich fällt. Und wenn er Länder verwüstet und Städte verbrannt und sich auf Leichen gebrüstet mit blutbespritzter Hand, wird er oft groß genannt. Doch wer sich selber bestreitet, die Tugend verehrt, um sich das Glücke verbreitet und durch sein Beispiel lehrt, ist nur des Namens wert.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler10. Schönheit und Stolz
Phillis: Du lobst Chloën, nennst sie schön? O sieh doch mir erst ins Gesicht! Wie ich, das musst du mir gesteh'n, so schön ist Chloë nicht. Damon: Ja, Phillis, dass du schöner bist, gesteh' ich dir gar gerne zu; doch ist sie nicht so schön, so ist sie nicht so stolz als du.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler11. Das Kartenhäuschen
Lacht nur, gute Leute, lacht, dass mein Haus, das ich gemacht, eine leichte Luft zerstört. Ist dies Lachens wert? O! ihr baut auch oft in Wind! Sagt, was eure Schlösser sind, die ihr euch so hoch erbaut, und mit Stolz beschaut? Werden sie noch morgen steh'n? Ja ... vielleicht ... wir wollen seh'n. Stört nicht oft ein Augenblick unser ganzes Glück?
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler12. Der wahre Reichtum
Warum durchirrt nach Gut und Geld der Mensch die fernsten Meere, als ob für ihn nicht eine Welt schon groß genug wäre? Doch wenn er, was er wünscht, besitzt, so stirbt er, ohne dass er's nützt. Dies können nicht die Güter sein, die man sich soll erwerben. Ein Weiser sammelt Schätze ein, die nimmer verderben. Die Tugend ist's; nach dieser Zeit folgt sie ihm in die Ewigkeit.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler13. Der Fisch an der Angel
Das kleine Fischchen spielet hier in silbernem Bach und hängt voll lüsterner Begier bloß seinen Freuden nach. Es merket nicht die blut'ge List, den freundlichen Feind, der desto mehr zu fürchten ist, je gütiger er scheint. Die Rute mit der Angel spielt schon über ihm, und voller Neubegierde schielt es bloß nach dem Gewinn. Es naht sich schon ... itzt schnappt es zu! Was hast du getan? Du blutest, armes Tierchen du, O bissest du nicht an! ... Mich reiße nie, was mir gefällt, unprüfend dahin! Dein Beispiel lehre mich, die Welt und ihre Reizung flieh'n!
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler14. Die Seifenblase  [sung text not yet checked]
Wie [spielt]1 die schöne Blase nicht So bunt am goldnen Sonnenlicht? Allein, ein Hauch! weg ist die Pracht, Und ihrer wird nicht mehr gedacht. Ihr ist ein junges Herrchen gleich, Stolz auf sein Kleid, von Golde reich, Doch von Verstand und Tugend leer: Das Kleid ist schön, und sonst nichts mehr.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Die Seifenblase", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder
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View original text (without footnotes)Confirmed with Christian Felix Weisse, Kleine lyrische Gedichte, dritter Theil, Wien: F. A. Schrämbl, 1793, page 79. Appears in Lieder für Kinder.
1 Hiller: "spielet"; further changes may exist not shown above.Researcher for this page: Melanie Trumbull
15. Die Mücke  [sung text not yet checked]
Des Lichtes Glanz in dunkler Nacht Reizt einer Mücke Unbedacht: Sie spielt und nimmt nicht die Gefahr, Die ihr das Leben kostet, wahr. O, ladet mich der goldne Schein, Der Wollust dieses Lebens ein: So denke stets mein Herz daran, Wie leicht ihr Reiz verderben kann!
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Die Mücke", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder, Carlsruhe: Christian Gottlieb Schmieder, first published 1778
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Confirmed with Christian Felix Weisse, Kleine lyrische Gedichte, zweiter Band, Carlsruhe: Christian Gottlieb Schmieder, 1778. Appears in Lieder für Kinder, page 141.
Research team for this page: Bertram Kottmann , Melanie Trumbull
16. Die kleinen Leute  [sung text not yet checked]
In Lilliput, (ich glaub' es kaum, Doch Swift erzählt's) gibt's Leute So groß, als ungefähr mein Daum: Man denk erst in der Weite! Da müssen sie gewiß so klein, Als bei uns eine Mücke sein. O wär ich dort, wie groß wär ich! Man nennte mich den Riesen, Und mit den Fingern würd' auf mich, Wo man mich säh', gewiesen: Dort, sprächen sie, dort gehet er! Und vor mir ging das Schrecken her. Doch, wenn ich nun nicht klüger wär, Als jetzt, sie aber wären Gesitteter, verständiger, Wie? würden sie mich ehren? Ich glaube kaum. Sie würden schrei'n: Am Leibe groß, am Geiste klein!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Die kleinen Leute", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder, Carlsruhe: Christian Gottlieb Schmieder, first published 1778
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Confirmed with Christian Felix Weisse, Kleine lyrische Gedichte, zweiter Band, Carlsruhe: Christian Gottlieb Schmieder, 1778. Appears in Lieder für Kinder, page 140.
Research team for this page: Bertram Kottmann , Melanie Trumbull
17. Die Sonne
Gegrüßet seist du, edles Licht, O Sonne, die mein Angesicht Aufs neu jetzund erhellet! Wie groß ist der, der dich gemacht, Und deine Majestät und Pracht Ans Firmament gestellet! Aus deinem Feuermeere fließt Die Wärm' in alles, was da ist, Ihm Kraft und Glanz zu geben. Der Eichbaum und das kleinste Gras Empfängt von dir in gleichem Maaß, Flor, Wachsthum, Reise, Leben. Du bist des frommen Weisen Bild, Der stets, mit Menschenlieb' erfüllt, Vertheilt, was er besitzet. Den Blöden leuchtet sein Verstand, Indem die immer offne Hand Wohlthäthig andern nützet.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Die Sonne", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder
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Confirmed with Christian Felix Weisse, Kleine lyrische Gedichte, zweiter Band, Carlsruhe: Christian Gottlob Schmieder, 1778, pages 143- 144. Appears in Lieder für Kinder.
Researcher for this page: Melanie Trumbull
18. Der Vorsatz  [sung text not yet checked]
Weil ich jung bin, soll mein Fleis Eifrig sich bestreben, Daß ich mög' einst, als ein Greis, Recht zufrieden leben. Zwar will ich mich jugendlich Meiner Tage freuen; Doch nicht also, daß es mich Darf im Alter reuen.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Der Vorsaz", appears in Kleine lyrische Gedichte
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]19. Die Kleiderpracht  [sung text not yet checked]
Tulipanen prangen schön In den Farben, die sie schmücken; Doch man läßt sie traurig stehn, Da die sonst durch nichts entzücken. Aller Kleider Herrlichkeit Mag sich auch ein Geck verschaffen; Man verkennt im bunten Kleid Doch nicht den geputzten Affen.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Die Kleiderpracht"
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Researcher for this page: Ferdinando Albeggiani20. Der Sperling und das Turteltäubchen  [sung text not yet checked]
Ich armer Schelm, wie geht es mir! Du bist geliebt: ich bin verachtet. Was denkt der Mensch wohl, daß er dir Weit minder nach dem Leben trachtet? Bin ich, gesteh'es mir nur zu, Nicht zehnmal listiger als du?
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]21. Das Klavier  [sung text not yet checked]
Süßertönendes Klavier, Welche Freuden schafft du mir! In der Einsamkeit gebricht Mir es an Ergözen nicht; Du bist, was ich selber will, Bald Erweckung und bald Spiel. Bin ich froh, so tönet mir Ein scherzhaftes Lied von dir; Fühl' ich Wehmuth oder Pein, Klagend stimmst du mit mir ein. Heb' ich fromme Lieder an, Wie begeisterst du mich dann! -- Niemals öfne meine Brust Sich der Lockung falscher Lust! Meine Freuden müssen rein, So wie deine Saiten seyn, Und mein ganzes Leben nie Ohne süsse Harmonie!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Das Klavier", appears in Kleine lyrische Gedichte
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Note: "seyn" is an archaic spelling of "sein" and "öfne", an archaic spelling of "öffne".Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
22. Die Freundschaft
Der Freund, der mir den Spiegel zeiget, den kleinsten Flecken nicht verschweiget, mich freundlich warnt, mich ernstlich schilt, wenn ich nicht meine Pflicht erfüllt: Das ist ein Freund, so wenig er es scheint! Doch der, der mich stets schmeichelnd preiset, mir alles lobt, nie was verweiset, zu Fehlern mir die Hände beut und mir vergibt, eh' ich bereut: Das ist ein Feind, so freundlich er auch scheint!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler23. An den Schlaf  [sung text not yet checked]
Komm, [süßer]1 Schlaf, erquicke mich! Mein müdes Auge sehnet sich Der Ruhe zu genießen, Komm, sanft es zuzuschließen. Wie aber, Freund, o schlößest du Von nun an es auf ewig zu, Und diese Augenlieder Säh'n nie den Morgen wieder? So weiß ich, daß ein [schöner']2 Licht Einst meinen Schlummer unterbricht, [Das ewig, ewig glänzt Und keine Nacht begrenzet.]3
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "An den Schlaf"
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View original text (without footnotes)Confirmed with G. Fr. Heinbisch & J.L. Ludwig (eds.), Viertes Sprach- und Lesebuch. Ein Sprach- und Lesebuch für höhere Lehranstalten und Familien, Bamberg: Verlag der Buchner'schen Buchhandlung, 1852, page 75.
Note for stanza 2, line 3, word 3 ("Augenlieder"): [sic] Contemporary spelling would be "Augenlider".
1 Sonnleithner: "holder"2 Sonnleithner: "schönres"
3 Sonnleithner: "Und einen Tag mir gönnet / Der keinen Abend kennet!"
Research team for this page: Sharon Krebs [Guest Editor] , Harry Joelson
24. Die Zeit
So wie ein Tropfen in dem Bach folgt in der Zeit ein Augenblick dem andern nach ins Meer der Ewigkeit. Der jetzt noch gegenwärtig war (schon itzt nicht mehr!), entflieht für mich auf immerdar ohn' alle Wiederkehr. Wie muss mir jeder Augenblick unschätzbar sein! Leg' ich ihn ungenützt zurück, niemals bring' ich ihn ein. Wie viel verscherzt' ich schon, wie viel! Sie sind dahin! Weg Tändelei und Puppenspiel, da ich kein Kind mehr bin!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler25. Die Furcht
Hier in diesen dunkeln Sträuchen will ich, ruhig und allein, meine Grillen mir verscheuchen und des Frühlings mich erfreu'n. Philomene soll mich lehren alles, was sie singen kann; und ich stimme ihr zu Ehren wohl ein munt'res Liedchen an! Doch was hör' ich sich bewegen? Ah! was rauscht in Büschen dort? - Schrecklich rauscht es mir entgegen, - wär' ich diesesmal nur fort! - O! ich zitt're! ich vergehe, weh mir Unglücksel'gem! Weh! Jetzund kömmt es - ja, ich sehe - ach! ich seh' - ein kleines Reh!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Research team for this page: Bertram Kottmann , Johann Winkler26. Die Dohle und die Nachtigall
Dohle: Kleiner Schreihals, sage mir, ei, wie kömmt's, dass Menschen dir so viel frohen Beifall geben? Gleichwohl schweigt oft dein Gesang. Ach, ich schwatze tagelang, und mich will kein Mensch erheben! Nachtigall: Kömmt es denn aufs Schwatzen an? Dem, der niemals schweigen kann, wird so leicht kein Lob gegeben. Du sprichst sonder Unterlass immer das, und eben das, und das wird kein Mensch erheben.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Research team for this page: Bertram Kottmann , Johann Winkler27. Der Neid
Man lobt den kleinen Fritzen sehr, er sei gehorsam und bescheiden, verständig, fleißig, lerne mehr als ich: Ich sollt' ihn wohl beneiden. Allein was hilft mein Neid mir nun? Wird er dann weniger erhoben? Weit besser, es ihm vorzutun! So muss man mich noch weit mehr loben.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler28. Die Eule  [sung text not yet checked]
Die Eule scheut das Sonnenlicht, Und kriecht in finstre Höhlen: Warum? weil ihre Werke nicht Den Menschen sich empfehlen. Mich übereile keine That, Die ich einst muß bereuen! Denn wer ein gut Gewissen hat, Braucht nie den Tag zu scheuen.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Die Eule", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "The owl", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]
29. Der arme Mann  [sung text not yet checked]
Schwester. Bruder! sieh den armen Mann Doch nicht in der Näh so an! Wie verhungert! wie zerrissen! Nein, mich schaudert hinzugehn! - Aber du? - so mocht ich wissen, Was du willst an ihm ersehn! Bruder. Laß mich immer naher gehn, Und sein ganzes Elend sehn! Man lernt nie sein Gluck erkennen, Wenn man nicht das Elend kennt, Noch für den voll Dank entbrennen, Der uns dieses Glück gegönnt.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Der arme Mann"
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Researcher for this page: Ferdinando Albeggiani30. Eitle Schönheit
Bruder: O! ich bin doch ein schöner Knabe! Ja, ja, das ist gewiss! Der Spiegel, den ich vor mir habe sagt augenscheinlich dies. Wie sanft ist mein Gesicht! wie rund! Die blauen Augen schmachten! Und dieser kleine rote Mund ist auch nicht zu verachten. Sobald ich freundlich lächle, prangen die Zähn' als Elfenbein, auf ros- und lilienvollen Wangen drückt sich ein Grübchen ein. Und ach! das güld'ne Haar; so soll ein Paar der schönsten Knaben (sie hießen Bacchus und Apoll) sie einst getragen haben. Schwester: Mein Lieber Bruder, vor dem Jahre War ich wie du so schön: Was hatt' ich da für schwarze Haare? Du hast sie noch gesehn. Da lobte jedes dies Gesicht Bewundernd um die Wette, Und schwur, es sey kein Mädchen nicht So schön als Henriette. Allein die Schönheit ist vergangen! Da kam der Blattern Wuth, Zerriss mir diese glatten Wangen, Löscht' aus der Augen Gluth. Doch glaube nicht, das mich's verdießt: Nein; es hat mich gelehret, Daß das nur wahre Schönheit ist, was keine Zeit zerstöret.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Bertram Kottmann , Johann Winkler31. Der Greis
Dort fiel ein armer, alter Greis! Sein Haupt war wie ein Silber weiß, und ihm versagt' sein zitternd Knie, und ach! die bösen Knaben die, wie lachten sie! Mich dauert dieser gute Mann! Wer eines Alten spotten kann, ist der wohl wert, itzt jung zu sein? Ist der wohl wert, einst alt zu sein? Wahrhaftig, nein!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler32. Der äußerliche Ansehen
Unter schön gewachs'nen Bäumen stand ein nied'rer, krummer Baum; sie, in ihrer Hoheit Träumen, gönnten ihm das Leben kaum. O, kömmt nur der Zimmermann, sprachen sie, so musst du dran! Doch schon kömmt er angestiegen - Wie? was fällt dem Toren ein? Sie bemerkt er mit Vergnügen, sollt's auf sie gemünzet sein? Himmel! alle haut er um; dieser blieb, denn er war krumm. O man trotze nicht auf Erden auf Gestalt und äuß're Pracht: Das kann oft zum Fall uns werden, was uns stolz und eitel macht. Wer nicht sehr ins Auge fällt, den beneidet nicht die Welt.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler33. Der Fleiß
Süßer, angenehmer Fleiß! O wie herrlich ist der Preis, den er jedem Jüngling beut, der ihm seine Kräfte weiht! Wenn die Langeweile gähnt und sich krank nach Possen sehnt, hüpft in froher Tätigkeit die ihm nie zu lange Zeit. Ja, auf seid'nen Schwingen flieh'n seine Stunden vor ihm hin; den verlor'nen Augenblick, nichts sonst, wünscht er sich zurück. Er ist stark, gesund und frisch, Arbeit würzet ihm den Tisch, und kein kranker Ekel schleicht sich zu seiner Mahlzeit leicht. Wenn er winkt, drückt ihm die Ruh' seine Augen willig zu; nie hat ihn ein Traum geweckt, der im Schlummer ihn erschreckt. Er begegnet allemal früh dem ersten Sonnenstrahl, wenn er, munter'm Fleiß geneigt, von den Bergen niedersteigt. In der Jahre reifer'n Lauf suchen Ehr' und Würd' ihn auf; Glück und Segen warten sein, um sein Alter zu erfreu'n. Allerorten trifft er dann Früchte seiner Arbeit an; keinen Augenblick der Zeit, den er nun umsonst bereut. Auch im Alter, auch als Greis ist er munter und voll Fleiß. und ihn trägt kein falscher Stab an sein ruhig, spätes Grab.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler34. Klagelied eines Knaben auf den Tod eines jungen Mädchens
Dies bange Klaggetöne, gilt das Amalien? Wie, hab' ich nicht die Schöne vor kurzem noch geseh'n? O ja, mit ihren Schwestern ging sie noch ehegestern zum frohen Tanz in einem Blumenkranz. Wie die Orangenblüte, so glänzt' ihr Angesicht, und selbst die Rose glühte darunter schöner nicht; am Abend von dem Tage war ihre letzte Klage, dass ganz und gar ihr Kranz entblättert war. Wer hätt' ihr sollen sagen, dass wir in nächster Nacht sie würden so beklagen, wie sie des Kranzes Pracht. Die Blume - unter allen die schönste - ist gefallen. Sie fällt herab, so früh verwelkt, ins Grab. Wo seid ihr, süße Rosen, wo seid ihr hingefloh'n? Statt euch noch zu liebkosen, eilt man behend' davon. Wie schlecht schmückt sie die Seide von ihrem Sterbekleide! Und dies ist doch an ihr das Schönste noch! Bald wird man den Gebeinen die letzten Dienste weih'n, um sie nicht weiter weinen, und sie vergessen sein! Ich will ihr Blumen streuen, so oft sie sich verneuen ... Doch wer sagt mir, wie lange bin ich hier?
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler35. Der Schneemann
Der schöne Schneemann - ei wie groß, ein riesenmäßiger Koloss! Doch ach! die liebe Sonne scheint, und er zerrinnt, eh' man's gemeint. Ihm gleicht ein eitler leerer Kopf. Von weitem glänzt der arme Tropf; doch der Verstand beleucht' ihn nur, so schmilzt die schimmernde Figur.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler36. Das Geschenk
Der Bruder an die Schwester: Sieh! Kann ein Apfel schöner sein? Ja, Schwester, dies ist Augenweide. Wie muss nicht sein Geschmack erfreu'n, macht schon sein Anblick solche Freude. Sein lieblicher Geruch, wie hold! In gelben, rot durchstreiften Schalen glänzt ein Rubin, gefasst in Gold; kein Maler kann den Apfel malen. Du möchtest ihn? Ich geb' ihn dir. Ja, hätt' ich auch noch schön're Sachen! Schön ist es, glücklich sein, doch mir ist es weit schöner, glücklich machen.
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- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler37. Der Vorwitz, das Künftige zu wissen
Gütig hüllt in Finsternissen Gott die Zukunft ein; deutlich sie voraus zu wissen würde Strafe sein. Säh' ich Glück auf meinem Wege, würd' ich stolz mich bläh'n und leichtsinnig oder träge meinen Zweck verseh'n. Säh' ich Unglück, würd' ich zittern, und die künft'ge Zeit würde mir das Glück verbittern, das mich itzt erfreut. Was ich habe, will ich nützen, fernen Gram nicht scheu'n, und, soll ich ein Glück besitzen, meines Glücks mich freu'n.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler38. Unüberlegter Wunsch
Der Knabe: Dies braune Pferd - welch schönes Tier! O lieber Mann, erlaubet mir, ein wenig drauf herumzutraben, was wollt' ich nicht für Freude haben! Der Mann: Prüf' deine Kräfte doch zuvor, eh' du was wünschest, kleiner Tor! Weißt du ein Pferd auch zu regieren, um nicht dein Leben zu verlieren?
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Research team for this page: Bertram Kottmann , Johann Winkler39. Der Kreisel
Mein Kreisel hüpfet froh umher, wenn ich ihn fleißig treibe, doch ganz untätig lieget er, wenn ich in Ruhe bleibe. Wer stets dem Glück im Schoße ruht, wird oft zur Tugend träge; doch wird er tätig, weise, gut, fühlt er des Unglücks Schläge.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler40. Der Seiltänzer  [sung text not yet checked]
Ich hab ihn gesehen, Den künstlichen Mann, Auf einem Seile gehen, So gut ichs auf der Ebne kann. Ich muß wohl sagen, Das fordert viel Müh: Doch möchte ich etwas fragen: Die seltne Kunst - was nützet sie?
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Der Seiltänzer"
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Researcher for this page: Ferdinando Albeggiani41. Das Lamm  [sung text not yet checked]
Wie nah, du armes Lämmchen, du, Wie nahe gehst du mir! Noch spielst du sorglos und in Ruh, Und ach! was drohet dir! Von dem, der dir das Futter giert, Glaubst du, er sey dein Freund? -- Dich liebt er, weil er sich nur liebt, Und ist dein ärgster Feind! Die rothe Schleife, welche sich Izt um dein Hälschen schlingt, Ach! ist das Band, woran man dich Zum Tode morgen bringt. Und diese Hand -- mit sanftem Muth Wird sie von dir geküßt? O! wüßtest du, daß morgen Blut, Dein Blut von dieser fließt! Wohl dir! genieß in Glück und Ruh Der kurzen Lebensfrist! Was hülf es dir, ach, wüßtest du, Was dir beschieden ist!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Das Lamm", appears in Kleine lyrische Gedichte
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]42. Das größte Glück
Von dem Glück sehr große Gaben, Reichtum, Ehr' und Schätze haben, dies ist zwar, ich muss gesteh'n, wünschenswert und wunderschön. Doch das größte Glück auf Erden, das uns kann zuteile werden, ist, des Glücks, des wir uns freu'n, ja, des größten würdig sein.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler43. Ein kleines Unrecht  [sung text not yet checked]
Meinen Vetter Christian Wagt's ein Bienchen einst zu stechen; Zornig sprach der kleine Mann: Wart'nur , wart'! ich will mich rächen! Drauf brach er mit kühner Hand, Von dem nächsten Busche Reiser, Schlug, und warf mitunter Sand An der Armen Bienen Häuser. Doch der kleinen Vögel Heer Lies die Schmach nicht ungerochen: Alles fiel ihn an, und er Wurde jämmerlich zerstochen. Vetter, dies war deine Schuld! Keinem Menschen darfst du's klagen: Lerne künftig in Geduld Ein geringes Unrecht tragen!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Ein kleines Unrecht"
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Researcher for this page: Ferdinando Albeggiani44. Der Mond
Wie süß und freundlich lacht des Monden stille Pracht, den ich von jener Höh' heruntersteigen seh'. Im Feuer seh' ich ihn auf jenen Bäumen glüh'n, so wie der Phönix ruht in seinem Nest voll Glut. Allein, sein silbern Bild ist ruhig, lieblich, mild; er lächelt jedem Ruh' und süße Stille zu. Die Weisheit gleichet ihm, nie wild und ungestüm, die jedem, der sie liebt, auch gleiche Sanftmut gibt. Sein liebreich Angesicht färbt sich vom Sonnenlicht. Warum denn? Ohne dies bedeckt es Finsternis. So muss der Tugend Schein der Weisheit Glanz verleih'n; dich, Weisheit, such' auch ich, doch, Tugend, bloß durch dich!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler45. An die Lerchen  [sung text not yet checked]
Himmel! ach, ist das der Dank? Kann der reizende Gesang, Den, wenn sich der Lenz verjüngt, Ihr der frohen Erde bringt, Euch für diese Wuth nicht bürgen, Daß die Menschen euch erwürgen? Arme kleine Lerchen, ach! Ich, ich fühle eure Schmach: Fiel' es mir auch zehnmal ein, Nie will ich so grausam seyn! --- Doch bald hätt' ich es vergessen, Daß wir heute Lerchen essen.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "An die Lerchen"
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Researcher for this page: Harry Joelson46. Der törichte Wunsch  [sung text not yet checked]
O! daß ich nicht ein Vogel bin, So schnell und federleicht, Der über Berg und Thäler hin In Augenblicken streicht! Dann flög' ich über Land und See, Durchreiste jeden Ort, Wär bald im Thal, bald in der Höh, Bald hier, bald wieder dort. Dann sucht' ich stets den Ort mir aus, Wo Lenz und Sommer blühn, Und baute mir mein flüchtig Haus An schönsten Örtern hin. Bald schwäng' ich mit der Lerche Schall In Lüften mich empor: Bald schlüg' ich, wie die Nachtigall, Aus dunkeln Sträuchen vor. Bald flög' ich, wie ein Adler fliegt, Doch -- welch ein Schuß geschah? O weh! ein armer Vogel liegt In seinem Blute da. Wohl mir, daß ich kein Vogel bin! Jetzt würd' ich nicht mehr sein. Gott dankend, will ich künftighin Mich meiner Menschheit freun.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Das thörichte Wunsch", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder
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Confirmed with Christian Felix Weisse, Kleine lyrische Gedichte, zweiter Band, Carlsruhe: Christian Gottlieb Schmieder, 1778. Appears in Lieder für Kinder, drittes Buch, pages 183 - 184.
Research team for this page: Bertram Kottmann , Melanie Trumbull
47. Der Schatten
Da läuft mein Schatten vor mir hin; o seht doch, seht, wie groß ich bin! Mich wagt man klein zu nennen? Doch ach! weg war ich! Seh' ich's nicht? Ein Wölkchen deckt der Sonne Licht. So kann man sich verkennen! Der Herr dort, der sich vornehm bläht, lacht; doch wer weiß, wie's ihm ergeht. So groß wir ihn itzt nennen, es nehm' ein ungewisses Glück den güld'nen Sonnenschein zurück, so wird man ihn nicht kennen!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler48. Die Bienen
Tragt nur in die Zellen ein, kleine Honigsammlerinnen! Itzt bei warmem Sonnenschein sucht ihr Schätze zu gewinnen. Müßiggänger hasst man hier; Fleiß und Arbeit sind euch Freude, und das Beste sammelt ihr auf der blumenvollen Weide. Wann dann einst der rauhe Nord über jene Hügel streichet und der Flora Kinder dort von der bunten Flur verscheuchet, dann sitzt ihr in Sicherheit; voll sind eure Vorratskammern, und euch lehrt die Dürftigkeit nicht, vor andern Türen jammern. Doch ihr sorgt nicht nur für euch; nein, bei eurem süßen Fleiße seid ihr auch für and're reich, dankbegierig, milde, weise. Ihr verzinst das kleine Haus reichlich dem, der es erbauet, und der leiht mit Wucher aus, der euch in der Teu'rung trauet. Euer blühendes Geschlecht möge jährlich sich vermehren, und das weise Bürgerrecht nie ein falscher Fremdling stören! Blumen will ich pflanzen, hier jedes Blümchens sorgsam schonen, und ihr sollet mich dafür einst mit Honigseim belohnen.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler49. Der Gehorsam
Mein Hündchen ist ein gutes Tier: Sobald ich rufe, folgt er mir. Doch kömmt er nicht, wenn ich's ihm sage, so ist er wert, dass ich ihn schlage. Bestrafet mich mein Vater nun, will ich nicht seinen Willen tun, darf ich es denn so übel nehmen? - Mich würde ja mein Hund beschämen.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Research team for this page: Bertram Kottmann , Johann Winkler50. Die Lieblingsleidenschaft
Schwester: Du kleiner Trommelschläger du, wann hörst du einmal auf zu schwärmen? So sitze doch einmal in Ruh'! Kein Ende hat das stundenlange Lärmen. Bruder: Du kleine Puppentändlerin, du hast auch wohl zu reden Ehre: Du bringst die Zeit mit Puppen hin, als ob dies nicht so gut als Trommeln wäre. Schwester: Sich zu belustigen ist Pflicht, doch werd' ich damit niemand plagen. Für mich schickt sich das Trommeln nicht, doch Puppenspiel; das musst du selber sagen. Bruder: Ich sag', ein's ist das and're wert! Du bist so klug, als ich mir scheine. Ein jedes liebt sein Steckenpferd; die Pupp' ist deins, die Trommel ist das meine.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler51. Der Schmetterling
O seht den bunten Schmetterling, welch glänzend allerliebstes Ding! Wie ist ihm doch geschehen! Als ich ihn kürzlich noch gesehen, war es ein kriechend garst'ges Tier, nur Ekel macht es mir. Dies soll mir eine Lehre sein, nie auf den äußerlichen Schein bloß mein Vertrau'n zu setzen. Der, den wir itzt verächtlich schätzen, vielleicht wird das ein größ'rer Mann als ich nie werden kann.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler52. Der Morgen
Willkommen, schöner Morgen! Wie groß ist deine Pracht! Sie bliebe mir verborgen, wär' ich nicht früh erwacht. Lust, Wunder und Entzücken begegnen meinen Blicken, wohin ich immer seh' im Tal und auf der Höh'. Es glüh'n der Berge Spitzen von güld'nem Sonnenstrahl; von Diamanten blitzen die Pflänzchen überall. In Luft und auf der Weide ertönt das Lied der Freude und weckt in süßem Schall den dankbar'n Widerhall. Ihr wisst nicht, reiche Prasser, was ihr für Glück verschlaft! Seid eure eig'nen Hasser und durch euch selbst bestraft! Verschlaft die schönsten Stunden, nie sei von euch empfunden, was diese schöne Welt für Wunder in sich hält. Ich will es aber fühlen. Indem die Weste mir in Locken lieblich spielen, sitz' und betracht' ich hier. Gott! ist mein irdisch Leben mit so viel Glück umgeben, was wird der Wohnplatz sein, der uns dort soll erfreu'n!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler53. Das Vogelnest  [sung text not yet checked]
Da hab' ich es, das Hänflingsnest! Nun ist mir's endlich doch gelungen: Das ganze Nest und mit vier Jungen! -- Ja sträubt euch nur, ich halt' euch fest. Doch hör' ich nicht der Ältern Paar Mich zwitschernd um Erbarmung flehen? -- Wie? soll ich diesen Raub begehen? Ich bin kein Wütrich, kein Barbar. Wie oft hat mich nicht ihr Gesang, Lag ich im Grase dort gestrecket, Zu Harmonie und Lust erwecket, Und dieß wär nun der ganze Dank? Ich riß ihr armes Häuschen ab, Das sie nach Gastrecht mir vertrauet, Und sich von Moos und Stroh erbauet, Zu dem ich nicht ein Hälmchen gab. Wenn eine räuberische Hand Mich meinen Ältern nun entrissen? Was würden da für Thränen fliessen! Wie jammervoll wär unser Stand! Nein, liebe Sänger, bleibt in Ruh! Hier habt ihr eure Kinder wieder: Vervielfacht singt ihr eure Lieder, Mir dann aufs nächste Frühjahr zu.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Das Vogelnest", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder, Carlsruhe: Christian Gottlieb Schmieder, first published 1778
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Confirmed with Christian Felix Weisse, Kleine lyrische Gedichte, zweiter Band, Carlsruhe: Christian Gottlieb Schmieder, 1778. Appears in Lieder für Kinder, pages 196 - 197.
Research team for this page: Bertram Kottmann , Melanie Trumbull
54. An die Gesundheit  [sung text not yet checked]
Die du sanft und rein mir in Adern fließest, Heiterkeit und Muth durch mein Herz ergießest, Zu Geschäften mich stark und fröhlich machst, Meine Sinnen schärfst, durch Gefühl entzückest, Für mich Berg und Thal, Wald und Aue schmückest, Und aus jedem Halm mir entgegen lachst: O Gesundheit! Glück, höchstes Glück der Erden! Durch dich muß die Welt erst uns reizend werden; Du bist mehr als Gold, mehr als Kronen werth; Du vergüldest uns diese Lebenstage, Würzest unsre Lust, minderst unsre Klage, Machst die Last uns leicht, die uns oft beschwert! Augen gibst du Gluth, Rosen jungem Wangen, Schönheit unserm Leib, unsrer Brust Verlangen, Frohe Thätigkeit unserm Arm und Fuß, Unsrer Seele Muth, Wahrheit zu ergründen, Unsern Sinnen Kraft, Schönheit zu empfinden, Und zum kleinsten Glück fröhlichen Genuß. Möcht' ich immerdar dich wie itzt besitzen, Und, besitz' ich dich, dich zum Guten nützen, Deiner mich voll Dank gegen Gott erfreun! Sollt' ich aber sie einst durch Mißbrauch schänden, O so nehm' er sie schnell aus meinen Händen! Krankheit lehrt auch oft Menschen weise seyn.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "An die Gesundheit"
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Researcher for this page: Harry Joelson55. Der Winter
Das schöne Jahr ist nunmehr fort, erstarrt und traurig steh'n die Triften; es stürmt ein ungestümer Nord herab aus schwer belad'nen Lüften. Die Erd' ist eisern; was da lebt, sucht vor der Kälte Schutz und bebt. Wohl mir bei dieser rauhen Zeit! Ich darf vor keiner Kälte beben; mich schützt mein Dach, mich wärmt mein Kleid, und Brot und Wein erfreu'n mein Leben. Auf weichen Betten schließt die Ruh' mein Aug' in süßen Träumen zu. Doch weh dem Armen, dem anitzt das Glück die Notdurft selbst versaget, den weder Kleid noch Dach beschützt, der dreist zu betteln sich nicht waget, den Krankheit hin aufs Lager streckt, und keine sanfte Feder deckt. Auf! auf! mein unempfindlich Herz, mit Hülf' ihm liebreich zuzueilen! Fühl' seine Notdurft, seinen Schmerz, um mit ihm, was du hast, zu teilen! Wer seiner Brüder Not vergisst, verdient nicht, dass er glücklich ist.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Research team for this page: Bertram Kottmann , Johann Winkler56. Der Aufschub
Morgen! Morgen! nur nicht heute! sprechen immer träge Leute. Morgen! Heute will ich ruh'n! Morgen jene Lehre fassen, morgen diesen Fehler lassen, morgen dies und jenes tun! Und warum nicht heute? Morgen kannst du für was and'res sorgen! Jeder Tag hat seine Pflicht. Was gescheh'n ist, ist geschehen; dies nur kann ich übersehen. Was gescheh'n kann, weiß ich nicht. Wer nicht fortgeht, geht zurücke. Uns're schnellen Augenblicke geh'n vor sich, nie hinter sich. Das ist mein, was ich besitze, diese Stunde, die ich nütze; die ich hoff', ist die für mich? Jeder Tag, ist er vergebens, ist im Buche meines Lebens nichts, ein unbeschrieb'nes Blatt! Wohl denn! Morgen so wie heute steh' darin auf jeder Seite von mir eine gute Tat.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler57. An einen Bach
Sanfter Bach, der hier unter Sträuchen Lieblich mir zu Füßen fließt! Möchte dir stets mein Leben gleichen, Das noch itzt dir ähnlich ist! Wenn in dir gleich kein Goldsand fließet, Und sich keine Perle nährt: O! in dir, wo du schleichst, ergießet Segen sich von höher'm Werth. Mußt du oft dich durch Ufer drängen, Schmiegend findest du doch Bahn, Und du triffst auch in krümmsten Gängen Blümchen, die dir lächeln, an. Ungetrübt schlüpft die kleine Welle, Reinem Silber gleich, daher; Rein kam sie aus der ersten Quelle, Rein fließt sie auch in das Meer.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "An einen Bach"
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Research team for this page: Harry Joelson , Johann Winkler58. Die Schamröte
Was heißt das Rot, das mein Gesicht auf einmal überzieht? Frei aufzusehen wag' ich nicht, und meine Wange glüht! Vielleicht bin ich itzt in Gefahr, was Böses zu begeh'n, und mein Gewissen nimmt es wahr und warnt, mich vorzuseh'n. Die Warnung fordert Wachsamkeit! Ich folg' ihr, weil ich kann, und bin in meiner Seel' erfreut, wenn ich noch helfen kann. O Farbe meiner Unschuld, blüh', blüh' und verwelke nicht! Die Lust zur Sünde wische nie dich mir vom Angesicht!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler59. Die Rosenknospe
Du süße, schöne Rose du! Mit Lust betracht' ich dich! Halb aufgeblüht und halb noch zu, ach! lächelst du auf mich! Vom Tau gebadet stehst du hier, frisch, glänzend, lieblich, schön! Die schlauen Weste schmeicheln dir, indem sie sanfter weh'n. Doch traue nicht! ach! öffne nicht dich ihren Schmeichelei'n! Der Tag steigt auf, sein brennend Licht wird dein Verderben sein! Im Morgen meiner Lebenszeit blüh' ich, der Knospe gleich; noch ist mein Herz von Fröhlichkeit und süßen Wünschen reich. Doch öffn' ich dieses der Begier, der Wollust falschem Schmerz, so trifft mich ihre Glut, in ihr verwelkt ein junges Herz.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler60. Das Vergnügen, wohl zu tun  [sung text not yet checked]
Der arme Mann! die Gabe, Die ich gegeben habe, Was bringt sie mir für Seligkeit! Mein Herz fühl' ich erweitert, Und meine Stirn' erheitert Von himmlischer Zufriedenheit. Sein Auge floß von Zähren, Den Dank mir zu gewähren, Schien jeder Ausdruck ihm zu schwach: Mir drückt er mit Entzücken Die Hand, und sah mit Blicken Der Wehmuth unverwandt mir nach. Ist Mitleid mit dem Armen Und Wohlthun und Erbarmen Mit so viel reiner Lust verwandt: So sei in meinem Leben Mir oft dieß Glück gegeben, Und immer offen meine Hand!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Das Vergnügen wohl zu thun ", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder
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Confirmed with Christian Felix Weisse, Kleine lyrische Gedichte, zweiter Band, Carlsruhe: Christian Gottlieb Schmieder, 1778. Appears in Lieder für Kinder, drittes Buch, page 210.
Researcher for this page: Melanie Trumbull
61. Auf ein paar von der Katze erwürgte Lachtauben  [sung text not yet checked]
Du [falsche, böse Kaze]1, Was hast du mir gethan! O! daß ich dir die Taze Nicht gleich verschneiden kann! Die Täubchen, meine Freude, Die mir stets vorgelacht, Hast du mir alle beyde So grausam umgebracht! Gut; Du sollst mir bezahlen! Ich will nicht ruhig seyn: Die allerärgsten Quaalen Sind noch für dich zu klein. Nahst du dich meinem Schoose Unh kömmst und schmeichelst mir: So peitsche, schlage, stose Ich ganz gewiß nach dir.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Auf ein Paar von der Kaze erwürgte Lachtauben", appears in Kleine lyrische Gedichte
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View original text (without footnotes)1 Hiller: "böse falsche Katze"; further changes may exist not noted above.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
62. An die Bücher  [sung text not yet checked]
Wie lieb' ich euch, die ihr in schönen Bänden Mein buntes Bücherschränkchen schmückt, Bey denen mir so lieblich untern Händen Die lange Zeit schnell weiter rückt! Hier find' ich Lust bey Unterricht: Ich läs' euch, war' es auch nicht Pflicht. Ihr lehret mich, was nöthig ist, zu wissen; Durch euch wird fremde Weisheit mein; Ihr leuchtet mir in meinen Finsternissen, Und ladet mich zur Wahrheit ein; Ihr tragt mich in die Zukunft hin, Und zeigt mir, was, warum ich bin. Bald führt ihr mich zurück in graue Zeiten: Da flieg' ich über Land und Seen, Seh' Reiche hier entspringen, sich verbreiten, Blühn, sinken, wieder untergehn; Seh' Menschen, die vom Anfang an Sich gleich in Gut und Bösem sahn. Bald führt ihr mich in die geheimsten Gründe Der wunderthätigen Natur; In Stäubchen, wie in Welt und Sonnen, finde Ich eines weisen Schöpfers Spur; Vom Wurm, den ich kaum sehen kann, Steig' ich zur Gottheit selbst hinan. Und les' ich euch, ihr Dichter ew'ger Lieder, Die ihr so schön die Tugend singt, Und Adlern gleich mit heiligem Gefieder Euch von der Erd' am Himmel schwingt; So öffnet sich mein Herz und Ohr, Und ihr hebt mich mit euch empor . Ja, Bücher, ihr sollt meine Freude bleiben , Gesellschaft mir und Spielwerk seyn, Die lange Zeit mir ohne Reu vertreiben, Und mir Geschmack und Licht verleihn! Wie dank' ich dem, der euern Werth, Und euch zu brauchen, mich gelehrt!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "An die Bücher"
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Researcher for this page: Harry Joelson63. Auf das Bildnis einer geliebten Mutter  [sung text not yet checked]
Dieß ist sie, meine liebe Mama! So zärtlich lächelnd steht sie da, Belohnt sie meinen Morgengruß Mit einem liebesvollen Kuß. Schön bist du, Bildchen, sprächest du nur! Weit schöner ist doch die Natur: Ich seh' die Kunst, ein- zwey- dreimal, Und eile zum Original.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Auf das Bildnis einer geliebten Mutter"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "On the portrait of a beloved mother", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
64. Das Rotkehlchen  [sung text not yet checked]
So seh' ich euch denn all' entweichen, Ihr lieben kleinen Sänger, ihr! Nur du, du zwitscherst noch in den entlaubten Sträuchen, Du, Vögelchen mit rothem Kehlchen, mir! O! fliehe jene schwarze Beeren, Die dir der wilde Knabe hängt; Und könntest du dich ja des Hungers nicht erwehren, So komm' zu dem, der wirthlich dich empfängt. Komm' du zu mir! Du bist bescheiden, Und wirst mit nicht beschwerlich seyn: An meinem Tische sollst du keinen Mangel leiden, Mit voller Hand will ich dir Krümchen streun. Du sollst umher in Freyheit hüpfen, Muthwillig nie gejagt von mir: Frey durch das Labyrinth von Tisch und Stühlen schlüpfen; Ein Tannenreis grün' auch im Winter dir! So lang' die finstern Tage währen, Soll mich dein stilles Lied erfreun; Und Deine Munterkeit und Gnügsamkeit mich lehren, Mit Wenigem, wie du, vergnügt zu seyn.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Das Rothkehlchen", appears in Kleine lyrische Gedichte
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]65. Die Vorsicht  [sung text not yet checked]
Ein junges, muthigs Roß, Dem Arbeit nicht so wohl gefiel, Als Freiheit, Müssiggang und Spiel, Riß sich von seinem Joche los, Und floh davon auf grüne Weiden: O! welche Freuden! Der Lenz und Sommer strich In frohem Müssiggange hin, Ihm kam die Zukunft nicht in Sinn: Er lebte jetzt und freute sich; Allein der Winter nahm die Freuden Den grünen Weiden. Die Wiesen wurden leer! In Lüften stürmt ein rauher Nord: Das Pferdchen floh von Ort' zu Ort, Und fand kein Dach, kein Futter mehr: Jetzt warf es ängstlich seine Blicke Auf sich zurücke. Ich Thor! rief es, ach! ach! Hätt' ich die kurze schöne Zeit Das bisschen Arbeit nicht gescheut! Jetzt hätt' ich Haber, Heu und Dach. Wie schändlich! für so kurze Freuden So lang' zu leiden!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Die Vorsicht", appears in Kleine lyrische Gedichte, in 2. Lieder für Kinder
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Confirmed with Christian Felix Weisse, Kleine lyrische Gedichte, zweiter Band, Carlsruhe: Christian Gottlieb Schmieder, 1778. Appears in Lieder für Kinder, drittes Buch, pages 216 - 217.
Research team for this page: Bertram Kottmann , Melanie Trumbull
66. Falsches und wahres Lob  [sung text not yet checked]
Wer mich sieht, sagt mir ins Gesicht: Seht doch, seht! Wird das Mädchen (der Knabe) nicht Täglich hübscher, täglich größer? Gut, ganz gut! Es kann möglich seyn! Aber mich würd'es mehr erfreun, Spräch'man: täglich wird sie (er) besser! Wachs'ich denn nach Gefallen auf? Größer macht mich der Jahre Lauf, Besser mach'ich mich alleine. Sagt, das dies ich geworden sey! Stimmt mein Herz dann dem Lobe bey: Süßes Lob! Dann bist du meine.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Falsches und wahres Lob"
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Researcher for this page: Ferdinando Albeggiani67. An einen Baum im Herbste  [sung text not yet checked]
So wird denn deines Hauptes Zier, Du schöner Baum, der Zeit zum Raube! Mein leichter Fuß rauscht unter dir Schon in dem abgefallnen Laube, Und was noch nicht herunter fiel, Hängt bleich und welk, der Winde Spiel. Mit Ehren neigst du dich zur Ruh; Denn schön und nutzbar war dein Leben. Wie manche süße Frucht hast du Mir und den Meinigen gegeben! Wie oft gab uns dein Schattendach Erquickung, wenn die Sonne stach! Heil mir! ruft mich einst, ähnlich dir, Des Lebens später Herbst zum Grabe, Und nehm' ich auch den Ruhm mit mir, Daß ich viel Frucht getragen habe, Daß ich nach Kräften jedermann Genutzt , gedient und wohlgethan!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "An einen Baum im Herbste"
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Researcher for this page: Harry Joelson68. Die Spinne  [sung text not yet checked]
Kunstvolle Weberin, die ich Hier so geschäfftig finde; Wie wunderbar ergötzet mich Dein künstliches Gewinde! Die Fäden -- o! so zart spinnt sie Die feinste Hand am Rädchen nie! Wie sanft ! wie gleich sie fliessen! Wie richtig sie sich schliessen! Sey ruhig unter meinem Tisch! Nie soll's die Köchinn wagen Und dich mit ihrem Flederwisch Aus deinen Zirkeln jagen! Hier will ich deine Wunder sehn, Und sorgsam nach der Ursach' spähn, Was du dabey gewinnest, Daß du so künstlich spinnest, - - - Was seh' ich? eine Fliege fieng Sich itzt in den Geweben! Sie kämpft: du hascht das arme Ding Und raubt ihr kleines Leben! Geht deine Kunst auf Mordbegier? Fort! sie gilt weiter nichts bey mir! Was heißt es, Kunst und Gaben Zu böser Absicht haben?
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "An die Spinne"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Kleine Lyrische Gedichte von C.F. Weiße, Zweyter Band, Carlsruhe: bey Christian Gottlieb Schieder, 1778, pages 220-222
Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]
69. Brüderliche Eintracht  [sung text not yet checked]
Bruder und Schwester. Bruder. Sieh, Schwesterchen, wie sich die Täubchen lieben! Sie folgen stets einander Schritt vor Schritt: Was dieß betrübt, scheint jenes zu betrüben, Wann sich dieß freut, erfreut sich jenes mit: Dieß müssen wohl Geschwister seyn, Denn ihre Lieb' ist ungemein! Schwester. Sieh', Brüderchen! den Weinstock mit den Reben, Wie sich sein Arm um jenes Bäumchen schlingt! Sie scheinen für einander nur zu leben, Die Rebe, die du ihm entreissest, sinkt: Dieß müssen auch Geschwister seyn. Denn ihre Lieb' ist ungemein! Der Bruder. Sie sinds gewiß: denn lieben wir uns beyde Nicht eben so? du weißt, was du mir bist! Find' ich dich nicht, so hab' ich keine Freude, Und Glück ist da, wo Henriettchen ist. So zärtlich, unverfälscht und rein, Kam keine Lieb', als unsre seyn. Schwester. Mein Brüderchen, der süsseste Gespiele Bist du mir zwar: doch lieb' ich dich nicht nur Darum allein: nein; was ich für dich fühle Ist mehr, als dieß, ist Neigung und Natur. So unverfälscht, so zart und rein Kann keine Lieb', als unsre seyn. Beyde. O! laß uns stets von dieser Freundschaft brennen, Gefällig, treu, einträchtig, zärtlich seyn! Nie möge Neid, noch Eigennuz uns trennen: Ein jedes Glück, das kömmt, sey mein und dein! Wo Herzen in Verbindung stehn: Da ist erst Blutsverwandtschaft schön.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Brüderliche Eintracht", appears in Kleine lyrische Gedichte
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]70. Ein paar Kinder an ihre Mutter, bei derselben Geburtstage  [sung text not yet checked]
Beste Freundinn, deren Leben, Unsers Lebens Ursprung ist: Dich hat uns der Tag gegeben: Tausendmal sey er gegrüßt! Welche Mutter schenkt' uns beyden, Nicht der Himmel dann in Dir! Fürstenkinder haben Freuden, Aber lange nicht, wie wir! Wären, ihrem Wunsch zu dienen, Tausend Hände stets bereit! Wir vertauschten nicht mit ihnen Deine treue Zärtlichkeit.
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804), "Ein paar Kinder an ihre Mutter, bey derselben Geburtstage", appears in Kleine lyrische Gedichte
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]71. Ermahnung an zwei Kinder
Süßes Mädchen, holder Knabe, spielt nur, spielt in meinem Schoß! Wenn ich euch in Armen habe, bin ich wie ein König groß. Euer Stammeln, euer Lallen ist für mich Beredsamkeit, euer Wunsch, mir zu gefallen, Wollust und Zufriedenheit. Wenn mich eure Händchen streicheln, sanft mir euer Auge lacht, o, so hab' ich auf das Schmeicheln einer ganzen Welt nicht Acht! Gern misch' ich in eure Spiele mich mit froher Nachsicht ein. O des Glücks, dass ich dann fühle, wieder einmal Kind zu sein. Ja, geliebte, zarte Beide, tausendmal umarm' ich euch! Immerdar sei eure Freude eurer itz'gen Freude gleich! Unschuld wohn' in euern Herzen, keine Bosheit komm' in sie! Ihr könnt singen, tanzen, scherzen, nur verscherzt die Tugend nie!
Text Authorship:
- by Christian Felix Weisse (1726 - 1804)
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Researcher for this page: Johann Winkler