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Szenen aus Goethes Faust

Song Cycle by Robert Schumann (1810 - 1856)

1. Scene im Garten (Gretchen und Faust)
 (Sung text)

Language: German (Deutsch) 
Faust:  Du kanntest mich, o kleiner Engel, wieder,
       gleich als ich in den Garten kam?

Gretchen:  Saht ihr es nicht? Ich schlug die Augen nieder.

Faust:   Und du verzeihst die Freiheit, die ich nahm,
       was sich die Frechheit unterfangen,
       als du jüngst aus dem Dom gegangen?

Gretchen:   Ich war bestürzt, mir war das nie gescheh'n

Faust:  und du verzeihst?

Gretchen:                   es konnte Niemand von mir Übels sagen.
           Ach, dacht' ich doch, hat er in deinem Betragen
           was Freches, Unanständiges geseh'n?
           es schien ihn gleich nur anzuwandeln
           mit dieser Dirne grad' hin zu handeln.
           Gesteh' ich's doch, ich wusste nicht was sich
           zu eurem Vorteil hier zu regen gleich begonnte;

Faust:      Süss' Liebchen!

Gretchen:                   allein gewiss, ich war recht bös' auf mich,
           dass ich auf euch nicht böser konnte.

Faust:      Süss Liebchen!

Gretchen:                   Lasst einmal!

(Sie pflückt eine Sternblume und zupft di Blätter ab, eins nach dem andern)

Faust:                                      Was soll das?  Einen Strauss?

Gretchen:   Nein!  es soll nur ein Spiel.

Faust:                                      Wie!

Gretchen:                                       Geht, ihr lacht mir aus!

(Sie rupft und murmelt)

Faust:      Was murmelst du?

Gretchen:                   Er liebt mich _ liebt mich nicht _
           er liebt mich _ liebt mich nicht _ liebt mich
           liebt mich nicht _ liebt mich _ nicht _ 

(Die letzte Blatt ausrupfend, mit holder Freude) 

           er liebt mich!

Faust:      Ja, mein Kind! lass dieses Blumenwort
           dir Götterausspruch sein! Er liebt dich!
           Verstehst du, was das heisst: Er liebt dich, er liebt dich!

Gretchen:   Mich überläuft's!

Faust:                      O schaud're nicht! lass diesen Blick,
           lass diesen Händedruck dir sagen, was unaussprechlich ist:
           sich hinzugeben ganz und eine Wonne zu fühlen,
           die ewig, ewig, ewig sein muss!

Mephistopheles:     Es ist wohl Zeit zu scheiden!

Marthe:                                       Ja, es ist spät, mein Herr!

Faust:      Darf ich euch nicht geleiten?

Gretchen:                               Die Mutter würde mich _ lebt wohl!

Faust:      Muss ich denn geh'n?  Lebt wohl!

Marthe:                                     Ade!

Gretchen:   Auf baldiges Wiederseh'n!

Text Authorship:

  • by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • FRE French (Français) (Gérard Labrunie) , no title, appears in Le Faust de Goethe
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "In Giardino (Gretchen e Faust)", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission

Researcher for this page: John Shirley-Quirk

2. Gretchen vor dem Bild der Mater dolorosa (Gretchen)
 (Sung text)

Language: German (Deutsch) 
Ach neige,
Du Schmerzenreiche,
Dein Antlitz gnädig meiner Noth!

Das Schwert im Herzen,
Mit tausend Schmerzen
Blickst auf zu deines Sohnes Tod.

Zum Vater blickst du,
Und Seufzer schickst du
Hinauf um sein' und deine Noth.

Wer fühlet,
Wie wühlet
Der Schmerz mir im Gebein?
Was mein armes Herz hier banget,
Was es zittert, was verlanget,
Weißt nur du, nur du allein!

Wohin ich immer gehe,
Wie weh, wie weh, wie wehe
Wird mir im Busen hier!
Ich bin ach kaum alleine,
Ich wein', ich wein', ich weine,
Das Herz zerbricht in mir.

Die Scherben vor meinem Fenster
Bethaut' ich mit Thränen, ach!
Als ich am frühen Morgen
Dir diese Blumen brach.

Schien hell in meine Kammer
Die Sonne früh herauf,
Saß ich in allem Jammer
In meinem Bett' schon auf.

Hilf! rette mich von Schmach und Tod!
Ach neige,
Du Schmerzenreiche,
Dein Antlitz gnädig meiner Noth!

Text Authorship:

  • by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), no title, written 1772-75, appears in Faust, in Der Tragödie erster Teil (Part I), first published 1790

See other settings of this text.

Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission
  • DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Greetje's smeekgebed", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
  • ENG English (Emily Ezust) , "Ah, lean down, you who are full of sorrow", copyright ©
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Ah abaisse, Toi emplie de douleur", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Io ti prego, Dolorosa", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission

Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Richard Morris , Peter Rastl [Guest Editor] , Johann Winkler

3. Scene im Dom (Gretchen, Böser Geist)
 (Sung text)

Language: German (Deutsch) 
Dom. Amt, Orgel und Gesang. Gretchen unter
vielem Volke. Böser Geist hinter Gretchen.
 
Böser Geist
 Wie anders, Gretchen, war dir's,
 Als du noch voll Unschuld
 Her zum Altar trat'st,
 Aus dem vergriffnen Büchelchen
 Gebete lalltest,
 Halb Kinderspiele,
 Halb Gott im Herzen!
 Gretchen!
 Wo steht dein Kopf?
 In deinem Herzen,
 Welche Missethat?
 Bet'st du für deiner Mutter Seele, die
 Durch dich zur langen, langen Pein hinüberschlief?
 Auf deiner Schwelle wessen Blut?
 - Und unter deinem Herzen
 Regt sich's nicht quillend schon,
 Und ängstet dich und sich
 Mit ahnungsvoller Gegenwart?

Gretchen
 Weh! Weh!
 Wär' ich der Gedanken los,
 Die mir herüber und hinüber gehen
 Wider mich!

Chor
 Dies irae, dies illa
 Solvet saeclum in favilla.

Böser Geist
 Grimm faßt dich!
 Die Posaune tönt!
 Die Gräber beben!
 Und dein Herz,
 Aus Aschenruh'
 Zu Flammenqualen
 Wieder aufgeschaffen,
 Bebt auf!

Gretchen
 Wär' ich hier weg!
 Mir ist als ob die Orgel mir
 Den Athem versetzte,
 Gesang mein Herz
 Im Tiefsten lös'te.

Chor
 Judex ergo cum sedebit,
 Quidquid latet adparebit,
 Nil inultum remanebit.

Gretchen
 Mir wird so eng!
 Die Mauern-Pfeiler
 Befangen mich!
 Das Gewölbe
 Drängt mich! - Luft!

Böser Geist
 Verbirg dich! Sünd' und Schand'
 Bleibt nicht verborgen.
 Luft? Licht?
 Weh dir!

Chor
 Quid sum miser tunc dicturus?
 Quem patronum rogaturus?
 Cum vix justus sit securus.

Böser Geist
 Ihr Antlitz wenden
 Verklärte von dir ab.
 Die Hände dir zu reichen,
 Schauert's den Reinen.
 Weh!

Chor
 Quid sum miser tunc dicturus?
 
Gretchen
 Nachbarin! Euer Fläschchen! --
 
Sie fällt in Ohnmacht.

Text Authorship:

  • by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), no title, appears in Faust, in Der Tragödie erster Teil (Part I), first published 1808

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
  • DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Scène uit 'Faust' ("Wie anders, Gretchen, was dir's")", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
  • ENG English (T. P. (Peter) Perrin) , copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Henri Blaze de Bury) , first published 1859
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Come tutto era diverso, Gretchen", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission

Research team for this page: Richard Morris , Peter Rastl [Guest Editor]

4. Ariel. Sonnenaufgang. Faust. Chor
 (Sung text)

Language: German (Deutsch) 
Ariel
  ... 
 Die ihr dies Haupt umschwebt im luft'gen Kreise,
 Erzeigt euch hier nach edler Elfen Weise,
 Besänftiget des Herzens grimmen Strauß,
 Entfernt des Vorwurfs glühend bittre Pfeile,
 Sein Innres reinigt von erlebtem Graus.
 Vier sind die Pausen nächtiger Weile,
 Nun ohne Säumen füllt sie freundlich aus.
 Erst senkt sein Haupt aufs kühle Polster nieder,
 Dann badet ihn in Tau aus Lethes Flut;
 Gelenk sind bald die krampferstarrten Glieder,
 Wenn er gestärkt dem Tag entgegenruht;
 Vollbringt der Elfen schönste Pflicht,
 Gebt ihn zurück dem heiligen Licht.

Chor
 Wenn sich lau die Lüfte füllen
 Um den grünumschränkten Plan,
 Süße Düfte, Nebelhüllen
 Senkt die Dämmerung heran.
 Lispelt leise süßen Frieden,
 Wiegt das Herz in Kindesruh;
 Und den Augen dieses Müden
 Schließt des Tages Pforte zu.

 Nacht ist schon hereingesunken,
 Schließt sich heilig Stern an Stern,
 Große Lichter, kleine Funken
 Glitzern nah und glänzen fern;
 Glitzern hier im See sich spiegelnd,
 Glänzen droben klarer Nacht,
 Tiefsten Ruhens Glück besiegelnd
 Herrscht des Mondes volle Pracht.

 Schon verloschen sind die Stunden,
 Hingeschwunden Schmerz und Glück;
 Fühl es vor! Du wirst gesunden;
 Traue neuem Tagesblick.
 Täler grünen, Hügel schwellen,
 Buschen sich zu Schattenruh;
 Und in schwanken Silberwellen
 Wogt die Saat der Ernte zu.

 Wunsch um Wünsche zu erlangen,
 Schaue nach dem Glanze dort!
 Leise bist du nur umfangen,
 Schlaf ist Schale, wirf sie fort!
 Säume nicht, dich zu erdreisten,
 Wenn die Menge zaudernd schweift;
 Alles kann der Edle leisten,
 Der versteht und rasch ergreift.

Ariel
 Horchet! horcht dem Sturm der Horen!
 Tönend wird für Geistesohren
 Schon der neue Tag geboren.
 Felsentore knarren rasselnd,
  ... 
 Welch Getöse bringt das Licht!
 Es trommetet, es posaunet,
 Auge blinzt und Ohr erstaunet,
 Unerhörtes hört sich nicht.
 Schlüpfet zu den Blumenkronen,
 Tiefer, tiefer, still zu wohnen,
 In die Felsen, unters Laub;
 Trifft es euch, so seid ihr taub.

Faust
 Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig,
 ätherische Dämmerung milde zu begrüßen;
 Du, Erde, warst auch diese Nacht beständig
 Und atmest neu erquickt zu meinen Füßen,
 Beginnest schon, mit Lust mich zu umgeben,
 Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen,
 Zum höchsten Dasein immerfort zu streben. - 

  ...  

 Hinaufgeschaut! - Der Berge Gipfelriesen
 Verkünden schon die feierlichste Stunde;
 Sie dürfen früh des ewigen Lichts genießen,
 Das später sich zu uns hernieder wendet.
 Jezt zu der Alpe grüngesenkten Wiesen
 Wird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet,
 Und stufenweis herab ist es gelungen; -
 Sie tritt hervor! - und, leider schon geblendet,
 Kehr' ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen.

 So ist es also, wenn ein sehnend Hoffen
 Dem höchsten Wunsch sich traulich zugerungen,
 Erfüllungspforten findet flügeloffen;
 Nun aber bricht aus jenen ewigen Gründen
 Ein Flammenübermaß, wir stehn betroffen;
 Des Lebens Fackel wollten wir entzünden,
 Ein Feuermeer umschlingt uns, welch ein Feuer!
 Ist's Lieb'? ist's Haß? die glühend uns umwinden,
 Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer,
 So daß wir wieder nach der Erde blicken,
 Zu bergen uns in jugendlichstem Schleier.

 So bleibe denn die Sonne mir im Rücken!
 Der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend,
 Ihn schau' ich an mit wachsendem Entzücken.
 Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend,
 Dann abertausend Strömen sich ergießend,
 Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend.
 Allein wie herrlich, diesem Sturm ersprießend,
 Wölbt sich des bunten Bogens Wechseldauer,
 Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend,
 Umher verbreitend duftig kühle Schauer.
 Der spiegelt ab das menschliche Bestreben.
 Ihm sinne nach, und du begreifst genauer:
 Am farbigen Abglanz haben wir das Leben.

Text Authorship:

  • by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), no title, appears in Faust, in Der Tragödie zweiter Teil (Part II)

See other settings of this text.

Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • FRE French (Français) (Gérard Labrunie) , "Lever du soleil"
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Ariel. Alba. Faust. Chor", copyright © 2007, (re)printed on this website with kind permission

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

5. Mitternacht
 (Sung text)

Language: German (Deutsch) 
(Vier graue Weiber treten auf)

ERSTE. 
 Ich heiße der Mangel.

ZWEITE.
 Ich heiße die Schuld.

DRITTE.
 Ich heiße die Sorge.

VIERTE.
 Ich heiße die Not.

ZU DREI.
 Die Tür ist verschlossen, wir können nicht ein; 
 Drin wohnet ein Reicher, wir mögen nicht 'nein.

MANGEL. 
 Da werd ich zum Schatten.

SCHULD.
 Da werd ich zunicht.

NOT.
 Man wendet von mir das verwöhnte Gesicht.

SORGE.
Ihr, Schwestern, ihr könnt nicht und dürft nicht hinein.
Die Sorge, sie schleicht sich durchs Schlüsselloch ein.

Sorge verschwindet.

MANGEL.
 Ihr, graue Geschwister, entfernt euch von hier!

SCHULD.
 Ganz nah an der Seite verbind ich mich dir.

NOT.
 Ganz nah an der Ferse begleitet die Not.

ZU DREI.
 Es ziehen die Wolken, es schwinden die Sterne!

 Dahinten, dahinten! von ferne, von ferne,
 Da kommt er, der Bruder, da kommt er, der - - - Tod.

FAUST im Palast.
 Vier sah ich kommen, drei nur gehn;
 Den Sinn der Rede konnt ich nicht verstehn.
 Es klang so nach, als hieß es: Not,
 Ein düstres Reimwort folgte: Tod!
 Es tönte hohl, gespensterhaft gedämpft.
 Noch hab ich mich ins Freie nicht gekämpft.
 Könnt ich Magie von meinem Pfad entfernen,

 Die Zaubersprüche ganz und gar verlernen
 Stünd ich, Natur, vor dir ein Mann allein,
 Da wärs der Mühe wert, ein Mensch zu sein!
 Das war ich sonst, eh ichs im Düstern suchte,
 Mit Frevelwort mich und die Welt verfluchte.
 Nun ist die Luft von solchem Spuk so voll,

 Daß niemand weiß, wie er ihn meiden soll.
 Wenn auch Ein Tag uns klar-vernünftig lacht,
 In Traumgespinst verwickelt uns die Nacht!
 Wir kehren froh von junger Flur zurück:
 Ein Vogel krächzt! Was krächzt er? Mißgeschick!
 Von Aberglauben früh und spat umgarnt:

 Es eignet sich, es zeigt sich an, es warnt!
 Und so verschüchtert, stehen wir allein. -
 Die Pforte knarrt, und niemand kommt herein.
 Erschüttert.
 Ist jemand hier?

SORGE.
 Die Frage fordert Ja!

FAUST.
 Und du, wer bist denn du?

SORGE.
 Bin einmal da.

FAUST.
 Entferne dich!

SORGE.
 Ich bin am rechten Ort.

FAUST
 erst ergrimmt, dann besänftigt, für sich.
 Nimm dich in acht und sprich kein Zauberwort!

SORGE.
 Würde mich kein Ohr vernehmen,
 Müßt es doch im Herzen dröhnen;
 In verwandelter Gestalt
 Üb ich grimmige Gewalt:
 Auf den Pfaden, auf der Welle,
 Ewig ängstlicher Geselle,
 Stets gefunden, nie gesucht,
 So geschmeichelt wie verflucht! -
 Hast du die Sorge nie gekannt?

FAUST.
 Ich bin nur durch die Welt gerannt!
 Ein jed Gelüst ergriff ich bei den Haaren,
 Was nicht genügte, ließ ich fahren,
 Was mir entwischte, ließ ich ziehn.
 Ich habe nur begehrt und nur vollbracht
 Und abermals gewünscht und so mit Macht
 Mein Leben durchgestürmt: erst groß und mächtig,
 Nun aber geht es weise, geht bedächtig.
 Der Erdenkreis ist mir genug bekannt.
 Nach drüben ist die Aussicht uns verrannt;
 Tor, wer dorthin die Augen blinzelnd richtet,
 Sich über Wolken seinesgleichen dichtet!
 Er stehe fest und sehe hier sich um:
 Dem Tüchtigen ist diese Welt nicht stumm!
 Was braucht er in die Ewigkeit zu schweifen?
 Was er erkennt, läßt sich ergreifen.
 Er wandle so den Erdentag entlang;
 Wenn Geister spuken, geh er seinen Gang,
 Im Weiterschreiten find er Qual und Glück,
 Er, unbefriedigt jeden Augenblick!

SORGE.
 Wen ich einmal mir besitze,
 Dem ist alle Welt nichts nütze:
 Ewiges Düstre steigt herunter,
 Sonne geht nicht auf noch unter,
 Bei vollkommnen äußern Sinnen
 Wohnen Finsternisse drinnen,
 Und er weiß von allen Schätzen
 Sich nicht in Besitz zu setzen.
 Glück und Unglück wird zur Grille,
 Er verhungert in der Fülle,
 Sei es Wonne, sei es Plage,
 Schiebt ers zu dem andern Tage,
 Ist der Zukunft nur gewärtig,
 Und so wird er niemals fertig.

FAUST.
 Hör auf! so kommst du mir nicht bei!
 Ich mag nicht solchen Unsinn hören.
 Fahr hin! Die schlechte Litanei,
 Sie könnte selbst den klügsten Mann betören.

SORGE.
 Soll er gehen? soll er kommen?
 Der Entschluß ist ihm genommen;
 Auf gebahnten Weges Mitte
 Wankt er tastend halbe Schritte.
 Er verliert sich immer tiefer,
 Siehet alle Dinge schiefer,
 Sich und andre lästig drückend,
 Atem holend und erstickend,
 Nicht erstickt und ohne Leben,
 Nicht verzweiflend, nicht ergeben.
 So ein unaufhaltsam Rollen,
 Schmerzlich Lassen, widrig Sollen,
 Bald Befreien, bald Erdrücken,
 Halber Schlaf und schlecht Erquicken
 Heftet ihn an seine Stelle
 Und bereitet ihn zur Hölle.

FAUST.
 Unselige Gespenster! so behandelt ihr
 Das menschliche Geschlecht zu tausend Malen;
 Gleichgültige Tage selbst verwandelt ihr
 In garstigen Wirrwarr netzumstrickter Qualen.
 Dämonen, weiß ich, wird man schwerlich los,
 Das geistig-strenge Band ist nicht zu trennen;
 Doch deine Macht, o Sorge, schleichend-groß,
 Ich werde sie nicht anerkennen!

SORGE.
 Erfahre sie, wie ich geschwind
 Mich mit Verwünschung von dir wende!
 Die Menschen sind im ganzen Leben blind:
 Nun, Fauste, werde dus am Ende!

Sie haucht ihn an.

FAUST erblindet. 
 Die Nacht scheint tiefer tief hereinzudringen,
 Allein im Innern leuchtet helles Licht:
 Was ich gedacht, ich eil es zu vollbringen;
 Des Herren Wort, es gibt allein Gewicht.
 Vom Lager auf, ihr Knechte! Mann für Mann!
 Laßt glücklich schauen, was ich kühn ersann!
 Ergreift das Werkzeug! Schaufel rührt und Spaten!
 Das Abgesteckte muß sogleich geraten.
 Auf strenges Ordnen, raschen Fleiß
 Erfolgt der allerschönste Preis;
 Daß sich das größte Werk vollende
 Genügt ein Geist für tausend Hände.

Text Authorship:

  • by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), appears in Faust, in Der Tragödie zweiter Teil (Part II)

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • FRE French (Français) (Gérard Labrunie)
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Mezzanotte", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

6. Faust's Tod
 (Sung text)

Language: German (Deutsch) 
(Großer Vorhof des Palasts. Fackeln.)

Mephistopheles
 (Als Aufsehrer voran)
 Herbei, herbei! Herein, herein!
 Ihr schlotternden Lemuren,
 Aus Bändern, Sehnen und Gebein
 Geflickte Halbnaturen.
 
Lemuren
 (Im Chor)
 Wir treten dir sogleich zur Hand,
 Und wie wir halb vernommen,
 Es gilt wohl gar ein weites Land,
 Das sollen wir bekommen.
 Gespitzte Pfähle, die sind da,
 Die Kette lang zum Messen;
 Warum an uns den Ruf geschah,
 Das haben wir vergessen.
 
Mephistopheles:
 Hier gilt kein künstlerisch Bemühn;
 Verfahret nur nach eignen Maßen!
 Der Längste lege längelang sich hin,
 Ihr andern lüftet ringsumher den Rasen;
 Wie man's für unsre Väter tat,
 Vertieft ein längliches Quadrat!
 Aus dem Palast ins enge Haus,
 So dumm läuft es am Ende doch hinaus.

Lemuren:
 (Mit neckischen Gebärden grabend)
 Wie jung ich war und lebt' und liebt',
 Mich deucht, das war wohl süße;
 Wo's fröhlich klang und lustig ging,
 Da rührten sich meine Füße.
 Nun hat das tückische Alter mich
 Mit seiner Krücke getroffen;
 Ich stolpert' über Grabes Tür,
 Warum stand sie just offen!

Faust:
 (Aus dem Palaste tretend, tastet an den Türpfosten)
 Wie das Geklirr der Spaten mich ergötzt!
 Es ist die Menge, die mir frönet,
 Die Erde mit sich selbst versöhnet,
 Den Wellen ihre Grenze setzt,
 Das Meer mit strengem Band umzieht.

Mephistopheles:
 (beiseite)
 Du bist doch nur für uns bemüht
 Mit deinen Dämmen, deinen Buhnen;
 Denn du bereitest schon Neptunen,
 Dem Wasserteufel, großen Schmaus.
 In jeder Art seid ihr verloren; -
 Die Elemente sind mit uns verschworen,
 Und auf Vernichtung läuft's hinaus.

Faust:
 Aufseher!

Mephistopheles:
 Hier!

Faust:
 Wie es auch möglich sei,
 Arbeiter schaffe Meng' auf Menge,
 Ermuntere durch Genuß und Strenge,
 Bezahle, locke, presse bei!
 Mit jedem Tage will ich Nachricht haben,
 Wie sich verlängt der unternommene Graben.

Mephistopheles:
 (halblaut)
 Man spricht, wie man mir Nachricht gab,
 Von keinem Graben, doch vom Grab.

Faust:
 Ein Sumpf zieht am Gebirge hin,
 Verpestet alles schon Errungene;
 Den faulen Pfuhl auch abzuziehn,
 Das Letzte wär' das Höchsterrungene.
 Eröffn' ich Räume vielen Millionen,
 Nicht sicher zwar, doch tätig-frei zu wohnen.
 Grün das Gefilde, fruchtbar; Mensch und Herde
 Sogleich behaglich auf der neusten Erde,
 Gleich angesiedelt an des Hügels Kraft,
 Den aufgewälzt kühn-emsige Völkerschaft.
 Im Innern hier ein paradiesisch Land,
 Da rase draußen Flut bis auf zum Rand,
 Und wie sie nascht, gewaltsam einzuschießen,
 Gemeindrang eilt, die Lücke zu verschließen.
 Ja! diesem Sinne bin ich ganz ergeben,
 Das ist der Weisheit letzter Schluß:
 Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
 Der täglich sie erobern muß.
 Und so verbringt, umrungen von Gefahr,
 Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr.
 Solch ein Gewimmel möcht' ich sehn,
 Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
 Zum Augenblicke dürft' ich sagen:
 Verweile doch, du bist so schön!
 Es kann die Spur von meinen Erdetagen
 Nicht in äonen untergehn. -
 Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
 Genieß' ich jetzt den höchsten Augenblick.
 
(Faust sinkt zurück, die Lemuren fassen ihn auf und legen ihn auf den Boden
 
Mephistopheles:
 Ihn sättigt keine Lust, ihm gnügt kein Glück,
 So buhlt er fort nach wechselnden Gestalten;
 Den letzten, schlechten, leeren Augenblick,
 Der Arme wünscht ihn festzuhalten.
 Der mir so kräftig widerstand,
 Die Zeit wird Herr, der Greis hier liegt im Sand.
 Die Uhr steht still --

Chor
 Steht still! Sie schweigt wie Mitternacht.
 Der Zeiger fällt.

Mephistopheles:
 Er fällt, es ist vollbracht.

Chor:
 Es ist vorbei.

Text Authorship:

  • by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), no title, appears in Faust, in Der Tragödie zweiter Teil (Part II)

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • FRE French (Français) (Gérard Labrunie) , "La mort de Faust", appears in Le Faust de Goethe
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Morte di Faust", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
  • LIT Lithuanian (Lietuvių kalba) (Giedrius Prunskus) , "Fausto mirtis", copyright © 2023, (re)printed on this website with kind permission

Researcher for this page: Ferdinando Albeggiani

7. Faust's Verklärung
 (Sung text)

Language: German (Deutsch) 
Heilige Anachoreten
(Gebirgauf vertheilt, gelagert zwischen Klüften).
Chor und Echo.
 Waldung, sie schwankt heran,
 Felsen, sie lasten dran,
 Wurzeln sie klammern an,
 Stamm dicht an Stamm hinan;
 Woge nach Woge spritzt,
 Höhle die tiefste schützt;
 Löwen sie schleichen stumm-
 Freundlich um uns herum,
 Ehren geweihten Ort
 Heiligen Liebeshort.

Pater ecstaticus
(auf- und abschwebend)
 Ewiger Wonnebrand,
 Glühendes Liebeband,
 Siedender Schmerz der Brust,
 Schäumende Gottes Lust.
 Pfeile durchdringet mich,
 Lanzen bezwinget mich,
 Keulen zerschmettert mich,
 Blitze durchwettert mich;
 Daß ja das Nichtige,
 Alles verflüchtige,
 Glänze der Dauerstern
 Ewiger Liebe Kern.

Pater profundus
(tiefe Region)
 Wie Felsenabgrund mir zu Füßen
 Auf tiefem Abgrund lastend ruht,
 Wie tausend Bäche strahlend fließen
 Zum grausen Sturz des Schaums der Fluth,
 Wie strack, mit eignem kräftigen Triebe,
 Der Stamm sich in die Lüfte trägt:
 So ist es die allmächtige Liebe
 Die alles bildet, alles hegt.

 Ist um mich her ein wildes Brausen
 Als wogte Wald und Felsengrund!
 Und doch stürzt, liebevoll im Sausen,
 Die Wasserfülle sich zum Schlund,
 Berufen gleich das Thal zu wässern;
 Der Blitz, der flammend niederschlug
 Die Atmosphäre zu verbessern,
 Die Gift und Dunst im Busen trug,
 Sind Liebesboten, sie verkünden
 Was ewig schaffend uns umwallt.
 Mein Innres mög’ es auch entzünden
 Wo sich der Geist, verworren, kalt,
 Verquält in stumpfer Sinne Schranken,
 Scharfangeschloss’nem Kettenschmerz.
 O Gott! beschwichtige die Gedanken,
 Erleuchte mein bedürftig Herz.

Pater Seraphicus
(mittlere Region)
 Welch ein Morgenwölkchen schwebet
 Durch der Tannen schwankend Haar!
 Ahn’ ich was im Innern lebet?
 Es ist junge Geisterschaar.

Chor seliger Knaben
 Sag’ uns, Vater, wo wir wallen,
 Sag’ uns, Guter, wer wir sind?
 Glücklich sind wir, allen allen
 Ist das Daseyn so gelind.

Pater Seraphicus
 Knaben! Mitternachts Geborne,
 Halb erschlossen Geist und Sinn,
 Für die Eltern gleich Verlorne,
 Für die Engel zum Gewinn.
 Daß ein Liebender zugegen
 Fühlt ihr wohl, so naht euch nur;
 Doch von schroffen Erdewegen
 Glückliche! habt ihr keine Spur.
 Steigt herab in meiner Augen
 Welt- und erdgemäß Organ,
 Könnt sie als die euern brauchen,
 Schaut euch diese Gegend an.
   (Er nimmt sie in sich.)
 Das sind Bäume, das sind Felsen,
 Wasserstrom, der abestürzt
 Und mit ungeheurem Wälzen
 Sich den steilen Weg verkürzt.

Selige Knaben (von innen)
 Das ist mächtig anzuschauen;
 Doch zu düster ist der Ort,
 Schüttelt uns mit Schreck und Grauen.
 Edler, Guter, laß uns fort!

Pater Seraphicus
 Steigt hinan zu höhrem Kreise,
 Wachset immer unvermerkt,
 Wie, nach ewig reiner Weise,
 Gottes Gegenwart verstärkt.
 Denn das ist der Geister Nahrung
 Die im freisten Aether waltet:
 Ewigen Liebens Offenbarung
 Die zur Seligkeit entfaltet.

Chor seliger Knaben
(um die höchsten Gipfel kreisend)
      Hände verschlinget
      Freudig zum Ringverein,
      Regt euch und singet
      Heilige Gefühle drein;
      Göttlich belehret
      Dürft ihr vertraun,
      Den ihr verehret
      Werdet ihr schaun.

Engel
(schwebend in der höhern Atmosphäre, 
Faustens Unsterbliches tragend).
 Gerettet ist das edle Glied
 Der Geisterwelt vom Bösen:
 Wer immer strebend sich bemüht
 Den können wir erlösen;
 Und hat an ihm die Liebe gar
 Von oben Theil genommen,
 Begegnet ihm die selige Schaar
 Mit herzlichem Willkommen.

Die jüngeren Engel
 Jene Rosen, aus den Händen
 Liebend-heiliger Büßerinnen,
 Halfen uns den Sieg gewinnen,
 Und das hohe Werk vollenden,
 Diesen Seelenschatz erbeuten.
 Böse wichen als wir streuten,
 Teufel flohen als wir trafen.
 Statt gewohnter Höllenstrafen
 Fühlten Liebesqual die Geister;
 Selbst der alte Satans-Meister
 War von spitzer Pein durchdrungen.
 Jauchzet auf! es ist gelungen.

Die vollendeteren Engel
 Uns bleibt ein Erdenrest
 Zu tragen peinlich,
 Und wär’ er von Asbest
 Er ist nicht reinlich.
 Wenn starke Geisteskraft
 Die Elemente
 An sich herangerafft,
 Kein Engel trennte
 Geeinte Zwienatur
 Der innigen Beiden,
 Die ewige Liebe nur
 Vermag’s zu scheiden.

Die jüngern Engel
 Ich spür' soeben,
 Nebelnd um Felsenhöh',
 Ein Geisterleben.
 Regend sich in der Näh'
 Seliger Knaben,
 Seh' ich bewegte Schar
 Los von der Erde Druck,
 Im Kreis gesellt,
 Die sich erlaben
 Am neuen Lenz und Schmuck
 Der obern Welt.
 Sey er zum Anbeginn,
 Steigendem Vollgewinn,
 Diesen gesellt!

Die seligen Knaben
 Freudig empfangen wir
 Diesen im Puppenstand;
 Also erlangen wir
 Englisches Unterpfand.
 Löset die Flocken los
 Die ihn umgeben,
 Schon ist er schön und groß
 Von heiligem Leben.

Doctor Marianus
(in der höchsten, reinlichsten Zelle).
    Hier ist die Aussicht frei,
    Der Geist erhoben.
    Dort ziehen Frau’n vorbei,
    Schwebend nach oben;
    Die Herrliche mitteninn
    Im Sternenkranze,
    Die Himmelskönigin,
    Ich seh’s am Glanze.
(Entzückt.)
 Höchste Herrscherin der Welt!
 Lasse mich, im blauen,
 Ausgespannten Himmelszelt
 Dein Geheimniß schauen.
 Billige was des Mannes Brust
 Ernst und zart beweget
 Und mit heiliger Liebeslust
 Dir entgegen träget.
 Unbezwinglich unser Muth
 Wenn du hehr gebietest,
 Plötzlich mildert sich die Gluth
 Wie du uns befriedest.
 Jungfrau, rein im schönsten Sinn,
 Mutter, Ehren würdig,
 Uns erwählte Königin,
 Göttern ebenbürtig.
 Um sie verschlingen
 Sich leichte Wölkchen,
 Sind Büßerinnen,
 Ein zartes Völkchen,
 Um Ihre Knie
 Den Aether schlürfend,
 Gnade bedürfend. 
 ... 

 Dir, der Unberührbaren,
 Ist es nicht benommen
 Daß die leicht Verführbaren
 Traulich zu dir kommen.

 In die Schwachheit hingerafft
 Sind sie schwer zu retten;
 Wer zerreißt aus eigner Kraft
 Der Gelüste Ketten?
 Wie entgleitet schnell der Fuß
 Schiefem glattem Boden?
 ... 

Mater gloriosa
(schwebt einher) 
Chor der Büßerinnen
    Du schwebst zu Höhen
    Der ewigen Reiche,
    Vernimm das Flehen
    Du Ohnegleiche!
    Du Gnadenreiche!

Magna peccatrix (St. Lucae VII, 36)
 Bei der Liebe, die den Füßen
 Deines gottverklärten Sohnes
 Thränen ließ zum Balsam fließen,
 Trotz des Pharisäer-Hohnes;
 Beim Gefäße das so reichlich
 Tropfte Wohlgeruch hernieder;
 Bei den Locken die so weichlich
 Trockneten die heiligen Glieder –

Mulier Samaritana (St. Joh. IV.)
 Bei dem Bronn, zu dem schon weiland
 Abram ließ die Heerde führen;
 Bei dem Eimer, der dem Heiland
 Kühl die Lippe durft berühren;
 Bei der reinen reichen Quelle,
 Die nun dorther sich ergießet,
 Ueberflüssig, ewig helle,
 Rings durch alle Welten fließet –

Maria Aegyptiaca (Acta Sanctorum)
 Bei dem hochgeweihten Orte,
 Wo den Herrn man niederließ;
 Bei dem Arm, der von der Pforte
 Warnend mich zurücke stieß;
 Bei der vierzigjährigen Buße,
 Der ich treu in Wüsten blieb;
 Bei dem seligen Scheidegruße,
 Den im Sand ich niederschrieb –

Zu drey
 Die du großen Sünderinnen
 Deine Nähe nicht verweigerst,
 Und ein büßendes Gewinnen
 In die Ewigkeiten steigerst,
 Gönn’ auch dieser guten Seele,
 Die sich einmal nur vergessen,
 Die nicht ahnte daß sie fehle,
 Dein Verzeihen angemessen!

Una Poenitentium
(sonst Gretchen genannt. Sich anschmiegend)
    Neige, neige
    Du Ohnegleiche,
    Du Strahlenreiche,
    Dein Antlitz gnädig meinem Glück!
    Der früh Geliebte,
    Nicht mehr Getrübte,
    Er kommt zurück.

Selige Knaben
(in Kreisbewegung sich nähernd)
    Er überwächs’t uns schon
    An mächtigen Gliedern,
    Wird treuer Pflege Lohn
    Reichlich erwiedern.
    Wir wurden früh entfernt
    Von Lebechören;
    Doch dieser hat gelernt,
    Er wird uns lehren.

Die eine Büßerin sonst Gretchen genannt
 Vom edlen Geisterchor umgeben,
 Wird sich der Neue kaum gewahr,
 Er ahnet kaum das frische Leben
 So gleicht er schon der heiligen Schaar.
 Sieh wie er jedem Erdenbande
 Der alten Hülle sich entrafft,
 Und aus ätherischem Gewande
 Hervortritt erste Jugendkraft!
 Vergönne mir ihn zu belehren,
 Noch blendet ihn der neue Tag.

Mater gloriosa
 Komm! hebe dich zu höhern Sphären,
 Wenn er dich ahnet folgt er nach.

Doctor Marianus
(Auf dem Angesicht anbetend)
    Blicket auf zum Retterblick
    Alle reuig Zarten,
    Euch zu seligem Glück
    Dankend umzuarten.
    Werde jeder bess’re Sinn
    Dir zum Dienst erbötig;
    Jungfrau, Mutter, Königin,
    Göttin bleibe gnädig!

Chorus mysticus
    Alles Vergängliche
    Ist nur ein Gleichniß;
    Das Unzulängliche
    Hier wird’s Ereigniß;
    Das Unbeschreibliche
    Hier ist es gethan;
    Das Ewig-Weibliche
    Zieht uns hinan.

Text Authorship:

  • by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), no title, appears in Faust, in Der Tragödie zweiter Teil (Part II)

See other settings of this text.

Note: Hermann Simon's setting begins "Höchste Herrscherin der Welt!"; the settings by Mojsisovics-Mojsvár and Röntgen begin "Alles Vergängliche", line -8 (or 8 from the end).

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
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