Reiten, reiten, reiten,
durch den Tag, durch die Nacht, durch den Tag.
Reiten, reiten, reiten.
Und der Mut ist so müde geworden
und die Sehnsucht so groß. Es gibt keine Berge mehr,
kaum einen Baum. Nichts wagt aufzustehen.
Fremde Hütten hocken durstig an versumpften Brunnen.
Nirgends ein Turm. Und immer das gleiche Bild.
Man hat zwei Augen zuviel. ...
Die Sonne ist schwer, wie bei uns tief im Sommer.
Aber wir haben im Sommer Abschied genommen.
Die Kleider der Frauen leuchteten lang aus dem Grün.
Und nun reiten wir lang. Es muß also Herbst sein.
Wenigstens dort, wo traurige Frauen von uns wissen.
Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke
Song Cycle by Hermann Reutter (1900 - 1985)
1.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 1, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , "Riding", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Chevaucher, chevaucher, chevaucher, le jour", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
2.
Ein Tag durch den Troß. Flüche, Farben, Lachen -- :
davon blendet das Land. Kommen bunte Buben gelaufen.
Raufen und Rufen. Kommen Dirnen mit purpurnen Hüten
im flutenden Haar. Winken. Kommen Knechte,
schwarzeisern wie wandernde Nacht.
Packen die Dirnen heiß, daß ihnen die Kleider zerreißen.
Drücken sie an den Trommelrand.
Und von der wilderen Gegenwehr hastiger Hände
werden die Trommeln wach, wie im Traum poltern sie, poltern --.
...
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 9, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , "A day among the army train", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Un jour avec le train des équipages", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
3. Rast! Gast sein einmal. Nicht immer selbst Sung Text
Note: this is a multi-text setting
Rast! Gast sein einmal. Nicht immer selbst
seine Wünsche bewirten mit kärglicher Kost.
Nicht immer feindlich nach allem fassen;
einmal sich alles geschehen lassen und wissen:
was geschieht, ist gut.
Auch der Mut muß einmal sich strecken
und sich am Saume seidener Decken
in sich selber überschlagen.
Nicht immer Soldat sein.
Einmal die Locken offen tragen
...
Und wieder erst lernen, was Frauen sind.
Und wie die weißen tun
und wie die blauen sind;
was für Hände sie haben,
wie sie ihr Lachen singen,
wenn blonde Knaben die schönen Schalen bringen,
von saftigen Früchten schwer.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 14, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , "Rest", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English [singable] (Margaret Dows Herter Norton) , no title, appears in The Lay of the Love and Death of Cornet Christopher Rilke, no. 14, copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Repos ! Être un jour un hôte", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke. Kommentiere Ausgabe in vier Bänden, herausgegeben von Manfred Engel, Ulrich Fülleborn, Horst Nalewski, August Stahl, Band I Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1996, page 147.
Research team for this page: John Versmoren , Sharon Krebs [Guest Editor] , Joost van der Linden [Guest Editor]Als Mahl beganns. Und ist ein Fest geworden, kaum weiß man wie. Die hohen Flammen flackten, die Stimmen schwirrten, wirre Lieder klirrten aus Glas und Glanz, und endlich aus den reifgewordnen Takten: entsprang der Tanz. Und alle riß er hin. Das war ein Wellenschlagen in den Sälen, ein Sich-Begegnen und ein Sich-Erwählen, ein Abschiednehmen und ein Wiederfinden, ein Glanzgenießen und ein Lichterblinden und ein Sich-Wiegen in den Sommerwinden, die in den Kleidern warmer Frauen sind. Aus dunklem Wein und tausend Rosen rinnt die Stunde rauschend in den Traum der Nacht.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 15, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , "The celebration", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Margaret Dows Herter Norton) , no title, appears in The Lay of the Love and Death of Cornet Christopher Rilke, no. 15, copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Cela commença comme un repas. Puis c'est devenu une fête", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
Und Einer steht und staunt in diese Pracht. Und er ist so geartet, daß er wartet, ob er erwacht. Denn nur im Schlafe schaut man solchen Staat und solche Feste solcher Frauen: ihre kleinste Geste ist eine Falte, fallend in Brokat. Sie bauen Stunden auf aus silbernen Gesprächen, und manchmal heben sie die Hände so --, und du mußt meinen, daß sie irgendwo, wo du nicht hinreichst, sanfte Rosen brächen, die du nicht siehst. Und da träumst du: Geschmückt sein mit ihnen und anders beglückt sein und dir eine Krone verdienen für deine Stirne, die leer ist.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 16, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , "And one stands", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Et quelqu'un se lève et s'étonne de cette splendeur", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
4. Die Turmstube ist dunkel Sung Text
Note: this is a multi-text setting
Die Turmstube ist dunkel. Aber sie leuchten sich ins Gesicht mit ihrem Lächeln. Sie tasten vor sich her wie Blinde, finden den Andern wie eine Tür. Fast wie Kinder, die sich vor der Nacht ängstigen, drängen sie sich in einander ein. Und doch fürchten sie sich nicht. Da ist nichts, was gegen sie wäre: kein Gestern, kein Morgen; denn die Zeit ist eingestürzt. Sie blühen aus ihren Trümmern. Er fragt nicht. "Dein Gemahl?" Sie fragt nicht: "Dein Name?" Sie haben sich ja gefunden, einander ein neues Geschlecht zu sein. Sie werden sich hundert neue Namen geben und einander alle wieder abnehmen, leise, wie man einen Ohrring abnimmt.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 20, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
Die Fahne steht steil, ... schwarz und schlank. Draußen jagt ein Sturm über den Himmel hin ... Der Mondschein geht wie ein langer Blitz vorbei, und die reglose Fahne hat unruhige Schatten. Sie träumt.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 21, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , "In the anteroom", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Dans l'antichambre, sur un fauteuil, sont posés la tunique", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
5. Ist das der Morgen? Welche Sonne geht auf? Sung Text
Note: this is a multi-text setting
Ist das der Morgen? Welche Sonne geht auf? Wie groß ist die Sonne. Sind das Vögel? Ihre Stimmen sind überall. Alles ist hell, aber es ist kein Tag. Alles ist laut, aber es sind keine Vogelstimmen. Das sind die Balken, die leuchten. Das sind die Fenster, die schrein. ... rot, in die Feinde hinein, ... : Brand. Und mit zerrissenem Schlaf im Gesicht drängen sich alle, halb Eisen, halb nackt, von Zimmer zu Zimmer, von Trakt zu Trakt und suchen die Treppe. Und mit verschlagenem Atem stammeln Hörner im Hof: Sammeln, sammeln! Und bebende Trommeln.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 23, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Margaret Dows Herter Norton) , no title, appears in The Lay of the Love and Death of Cornet Christopher Rilke, no. 23, copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke. Kommentiere Ausgabe in vier Bänden, herausgegeben von Manfred Engel, Ulrich Fülleborn, Horst Nalewski, August Stahl, Band I Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1996, page 150.
Research team for this page: John Versmoren , Sharon Krebs [Guest Editor] , Joost van der Linden [Guest Editor]Aber die Fahne ist nicht dabei. Rufe: Cornet! Rasende Pferde, Gebete, Geschrei, Flüche: Cornet! Eisen an Eisen, Befehl und Signal; Stille: Cornet! Und noch einmal: Cornet! Und heraus mit der brausenden Reiterei. -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- Aber die Fahne ist nicht dabei.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 24, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Margaret Dows Herter Norton) , no title, appears in The Lay of the Love and Death of Cornet Christopher Rilke, no. 24, copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
Er läuft um die Wette mit brennenden Gängen, durch Türen, die ihn glühend umdrängen, über Treppen, die ihn versengen, bricht er aus dem rasenden Bau. Auf seinen Armen trägt er die Fahne wie eine weiße, bewußtlose Frau. Und er findet ein Pferd, und es ist wie ein Schrei: über alles dahin und an allem vorbei, auch an den Seinen. Und da kommt auch die Fahne wieder zu sich und niemals war sie so königlich; und jetzt sehn sie alle, fern voran, und erkennen den hellen, helmlosen Mann und erkennen die Fahne . . . Aber da fängt sie zu scheinen an, wirft sich hinaus und wird groß und rot . . . -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- Da brennt ihre Fahne mitten im Feind, und sie jagen ihr nach.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 25, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
6. Epilog Sung Text
Note: this is a multi-text setting
Der von Langenau ist tief im Feind, aber ganz allein.
Der Schrecken hat um ihn einen runden Raum gemacht,
und er hält, mitten drin,
unter seiner langsam verlodernden Fahne.
...
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 26, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , "Death", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
... Im nächsten Frühjahr (es kam traurig und kalt) ritt ein Kurier ... langsam in Langenau ein. Dort hat er eine alte Frau weinen gesehen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, no. 27, first published 1906
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission