Auf das Feuer mit dem goldnen Strahle heftet sich in tiefer Mitternacht schlummerlos das Auge der Vestale, die der Göttin ewig Licht bewacht. Wenn sie schlummerte, wenn sie entschliefe, wenn erstürbe die versäumte Glut, eingesargt in Gruft und Grabestiefe würde sie, wo Staub und Moder ruht. Eine Flamme zittert mir im Busen, lodert warm zu jeder Zeit und Frist, die, entzündet durch den Hauch der Musen, ihnen ein beständig Opfer ist. Und ich hüte sie mit heilger Scheue, daß sie brenne rein und ungekränkt: Denn ich weiß, es wird der ungetreue Wächter lebend in die Gruft versenkt.
Das stille Leuchten: Liederfolge nach Gedichten von Conrad Ferdinand Meyer
by Othmar Schoeck (1886 - 1957)
1. Das heilige Feuer  [sung text checked 1 time]
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Researcher for this page: Caroline Diehl2. Liederseelen  [sung text checked 1 time]
In der Nacht, die die Bäume mit Blüten deckt, Ward ich von süßen Gespenstern erschreckt, Ein Reigen schwang im Garten sich, Den ich mit leisem Fuß beschlich; Wie zarter Elfen Chor im Ring Ein weißer, lebendiger Schimmer ging. Die Schemen hab' ich keck befragt: Wer seid ihr, luftige Wesen? Sagt! "Ich bin ein Wölkchen, gespiegelt im See." "Ich bin eine Reihe von Stapfen im Schnee." "Ich bin ein Seufzer [gen]1 Himmel empor!" "Ich bin ein Geheimnis, geflüstert ins Ohr!" "Ich bin ein frommes, gestorbenes Kind." "Ich bin ein üppiges Blumengewind -" "Und die du wählst, und der's beschied Die Gunst der Stunde, die wird ein Lied."
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Liederseelen"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Emily Ezust) , "Souls of song", copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Âmes des chansons", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
1 Zumpe: "zum"
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
3. Reisephantasie  [sung text checked 1 time]
Mittagsruhe haltend auf den Matten In der morschen Burg gezacktem Schatten, Vor dem Türmchen eppichübersponnen, Hab ich einen Sommerwunsch gesonnen, Während ich ein Eidechsschwänzchen blitzen Sah - und husch, verschwinden durch die Ritzen... Wenn es lauschte... wenn es meiner harrte... Wenn - das Pförtchen in der Mauer knarrte... Dem Geräusche folgend einer Schleppe, Fänd' ich eine schmale Wendeltreppe Und, von leiser Hand emporgeleitet, Droben einen Becher Wein bereitet... Dann im Erker säßen wir alleine, Plauderten von nichts im Dämmerscheine, Bis der Pendel stünde, der da tickte, Und ein blondes Haupt entschlummernd nickte, Unter seines Lides dünner Hülle Regte sich des blauen Quelles Fülle... Und das unbekannte Antlitz trüge Ähnlichkeiten und Geschwisterzüge Alles Schönen, was mir je entgegen Trat auf allen meinen Erdewegen... Was ich Tiefstes, Zartestes empfunden, Wär' an dieses blonde Haupt gebunden Und in eine Schlummernde vereinigt, Was mich je beseligt und gepeinigt... Dringend hätt' es mich emporgerufen Dieser Wendeltreppe Trümmerstufen, Daß ich einem ganzen, vollen Glücke Stillen Kuß auf stumme Lippen drücke... Einmal nur in einem Menschenleben - Aber nimmer wird es sich begeben!
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Emily Ezust) , "Journey-fantasy", copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Fantasme de voyage", copyright © 2021, (re)printed on this website with kind permission
4. Mit einem Jugendbildnis  [sung text checked 1 time]
Hier - doch keinem darst du's zeigen, solche Sanftmut war mein eigen, durfte sie nicht lang behalten, sie verschwand in harten Falten, sichtbar ist sie nur geblieben dir und denen, die mich lieben.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Researcher for this page: Caroline Diehl5. Am Himmelstor  [sung text checked 1 time]
Mir träumt', ich komm ans Himmelstor und finde dich, die Süße! Du saßest bei dem Quell davor und wuschest dir die Füße. Du wuschest, wuschest ohne Rast den blendend weißen Schimmer, begannst mit wunderlicher Hast dein Werk von neuem immer. Ich frug: "Was badest du dich hier mit tränennassen Wangen?" Du sprachts: "Weil ich im Staub mit dir, so tief im Staub gegangen."
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Edmond Mach) , "At heaven's gate", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2021, (re)printed on this website with kind permission
6. In einer Sturmnacht  [sung text checked 1 time]
Es fährt der Wind gewaltig durch die Nacht, In seine gellen Pfeifen bläst der Föhn. Prophetisch kämpft am Himmel eine Schlacht Und überschreit ein wimmernd Sterbgestöhn. Was jetzt dämonenhaft in Lüften zieht, Eh das Jahrhundert schiesst, erfüllts die Zeit - In Sturmespausen klingt das Friedelied Aus einer fernen, fernen Seligkeit. Die Ampel, die in leichten Ketten hangt, Hellt meiner Kammer weite Dämmerung. Und wann die Decke bebt, die Diele bangt, Bewegt sie leise sich in sachtem Schwung. Mir redet diese Flamme wunderbar Von einer windbewegten Ampel Licht, Die einst geglommen für ein nächtlich Paar, Ein greises und ein göttlich Angesicht. Es sprach der Friedestifter, den du weisst, In einer solchen wilden Nacht wie heut: "Hörst, Nikodeme, du den Schöpfer Geist, Der mächtig weht und seine Welt erneut?"
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Researcher for this page: John Versmoren7. In Harmesnächten  [sung text checked 1 time]
Die Rechte streckt ich schmerzlich oft in Harmesnächten und fühlt gedrückt sie unverhofft von einer Rechten - Was Gott ist, wird in Ewigkeit kein Mensch ergründen, doch will er treu sich allezeit mit uns verbünden.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Researcher for this page: Caroline Diehl8. Lenzfahrt  [sung text checked 1 time]
Am Himmel wächst der Sonne Glut, Aufquillt der See, das Eis zersprang, Das erste Segel teilt die Flut, Mir schwillt das Herz wie Segeldrang. Zu wandern ist das Herz verdammt, Das seinen Jugendtag versäumt, Sobald die Lenzessonne flammt, Sobald die Welle wieder schäumt. Verscherzte Jugend ist ein Schmerz Und einer ew'gen Sehnsucht Hort, Nach seinem Lenze sucht das Herz In einem fort, in einem fort! Und ob die Locke mir ergraut Und bald das Herz wird stille stehn, Noch muß es, [wann]1 die Welle blaut, Nach seinem Lenze wandern gehn.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Lenzfahrt"
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View original text (without footnotes)Confirmed with Gedichte von Conrad Ferdinand Meyer, Verlag von H. Haessel, Leipzig, 1882, page 10.
1 Marx: "wenn"Researcher for this page: Caroline Diehl
9. Frühling Triumphator  [sung text checked 1 time]
Frühling, der die Welt umblaut, Frühling mit der Vöglein Laut, deine blühnden Siegespforten allerenden, allerorten hast du niedrig aufgebaut! Ungebändigt, kreuz und quer, über alle Pfade her schießen blütenschwere Zweige, daß dir jedes Haupt sich neige, und die Demut ist nicht schwer.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Researcher for this page: Caroline Diehl10. Unruhige Nacht  [sung text checked 1 time]
Heut' ward mir bis zum jungen Tag Der Schlummer abgebrochen, Im Herzen ging es Schlag auf Schlag Mit Hämmern und mit Pochen, Als trieb sich eine Bubenschar Wild um in beiden Kammern, Gewährt hat, bis es Morgen war, Das Klopfen und das Hammern. Nun weist es sich bei Tagesschein, Was drin geschafft die Rangen, Sie haben mir im Herzensschrein Dein Bildnis aufgehangen!
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Unruhige Nacht", appears in Gedichte, in 5. Liebe
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Peter Palmer) , "Restless night", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Nuit sans repos", copyright © 2021, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Conrad Ferdinand Meyer, Gedichte, Leipzig: H. Haessel, 1882, page 157. Appears in 5. Liebe.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Melanie Trumbull
11. Was treibst du, Wind  [sung text checked 1 time]
Was treibst du, Wind, du himmlisches Kind? Du flügelst und flügelst umsonst in der Luft! "Nicht Wanderscherz! Ich nähre das Herz mit Erdgeruch und Waldesluft!" Was bringst du, Wind, du himmlisches Kind? "Einen Morgengruß, einen Schrei der Lust!" Aus Vogelkehle nur? Aus Lerchenseele nur? "Nein, nein! Aus voller Menschenbrust!" Was trägst du, Wind, du himmlisches Kind? "Seeüber ein wallend, ein hallend Geläut!" Senken sie ein den Totenschrein? "Nein, nein! Sie halten Hochzeit heut!"
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Researcher for this page: Caroline Diehl12. Hochzeitslied  [sung text checked 1 time]
Aus der Eltern Macht und Haus tritt die züchtge Braut heraus an des Lebens Scheide - geh und lieb und leide! Freigesprochen, unterjocht, wie der junge Busen pocht im Gewand von Seide - geh und lieb und leide! Frommer Augen helle Lust überstrahlt an voller Brust blitzendes Geschmeide - geh und lieb und leide! Merke dirs, du blondes Haar. Schmerz und Lust, Geschwisterpaar, unzertrennlich beide - geh und lieb und leide!
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Hochzeitslied"
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Researcher for this page: Caroline Diehl13. Der Gesang des Meeres  [sung text checked 1 time]
Wolken, meine Kinder, wandern gehen Wollt ihr? Fahret wohl! Auf Wiedersehen! Eure wandellustigen Gestalten Kann ich nicht in Mutterbanden halten. Ihr langweilet euch auf meinen Wogen, Dort die Erde hat euch angezogen: Küsten, Klippen und des Leuchtturms Feuer! Ziehet, Kinder! Geht auf Abenteuer! Segelt, kühne Schiffer, in den Lüften! Sucht die Gipfel! Ruhet über Klüften! Brauet Stürme! Blitzet! Liefert Schlachten! Traget glühnden Kampfes Purpurtrachten! Rauscht im Regen! Murmelt in den Quellen! Füllt die Brunnen! Rieselt in die Wellen! Braust in Strömen durch die Lande nieder - Kommet, meine Kinder, kommet wieder!
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Der Gesand des Meeres"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le chant de la mer", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
14. Der römische Brunnen  [sung text checked 1 time]
Aufsteigt der Strahl und fallend gießt Er voll der Marmorschalen Rund, Die sich verschleiernd, überfließt In einer zweiten Schale Grund; Die zweite gibt, sie wird zu reich, Der Dritten wallend ihre Flut, Und jene nimmt und gibt zugleich, Und strömt und ruht.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Der römische Brunnen"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English [singable] (Henry Sandwith Drinker, Jr.) , "The Roman fountain", copyright ©
- ENG English [singable] (Walter A. Aue) , "The Roman fountain", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La fontaine romaine", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
15. Das Ende des Festes  [sung text checked 1 time]
Da mit Sokrates die Freunde tranken Und die Häupter auf die [Polster]1 sanken, Kam ein Jüngling, kann ich mich entsinnen, Mit zwei schlanken Flötenbläserinnen. Aus den Kelchen schütten wir die Neigen. Die gesprächesmüden Lippen schweigen. Um die welken Kränze zieht ein Singen... Still, des Todes Schlummerflöten klingen.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Das Ende des Festes"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Emily Ezust) , "The end of the feast", copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La fin de la fête", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
- IRI Irish (Gaelic) [singable] (Gabriel Rosenstock) , "Deireadh an tSéire", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
1 Schibler: "Kissen"
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
16. Die Jungfrau  [sung text checked 1 time]
Wo sah ich Mädchen, deine Züge, die [droh'nden]1 Augen lieblich wild, noch [rein]2 von Eitelkeit und Lüge? Auf Buonarottis großem Bild: Der Schöpfer senkt sich sachten Fluges zum Menschen, welcher schlummernd liegt, im Schoße seines Mantelbuges ruht himmlisches Gesind geschmiegt. Voran ein Wesen, nicht zu nennen, von Gottes Mantel keusch umwallt, des Weibes Züge, zu erkennen in einer schlanken Traumgestalt. Sie lauscht, das Haupt hervorgewendet, mit Augen schaut sie, tief erschreckt, wie Adam er den Funken spendet und seine Rechte mahnend reckt. Sie sieht den Schlumm'rer sich erheben, der das bewußte Sein empfängt, auch sie sehnt dunkel sich, zu leben, an Gottes Schulter still gedrängt - So harrst du vor des Lebens Schranke, noch ungefesselt vom Geschick, ein unentweihter Gottgedanke, und öffnest staunend deinen Blick.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Die Jungfrau", appears in Gedichte, in 1. Vorsaal
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View original text (without footnotes)Confirmed with Conrad Ferdinand Meyer, Gedichte, Leipzig: H. Haessel, 1882, page 16. Appears in 1. Vorsaal.
1 Schoeck: "drohenden"2 Schoeck: "frei"
Research team for this page: Caroline Diehl , Melanie Trumbull
17. Neujahrsglocken  [sung text checked 1 time]
In den Lüften schwellendes Gedröhne, Leicht wie Halme beugt der Wind die Töne: Leis verhallen, die zum ersten riefen, Neu Geläute hebt sich aus den Tiefen. Große Heere, nicht ein einzler Rufer! Wohllaut flutet ohne Strand und Ufer.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Neujahrsglocken"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Peter Palmer) , "New Year Bells", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
18. Alle  [sung text checked 1 time]
Es sprach der Geist: Sieh auf! Es war im Traume. Ich hob den Blick. In lichtem Wolkenraume Sah ich den Herrn das Brot den Zwölfen brechen Und ahnungsvolle Liebesworte sprechen. Weit über ihre Häupter lud die Erde Er ein mit allumarmender Gebärde. Es sprach der Geist: Sieh auf! Ein Linnen schweben Sah ich und vielen schon das Mahl gegeben, Da breiteten sich unter tausend Händen Die Tische, doch verdämmerten die Enden In grauen Nebel, drin auf bleichen Stufen Kummergestalten saßen ungerufen. Es sprach der Geist: Sieh auf! Die Luft umblaute Ein unermeßlich Mahl, soweit ich schaute, Da sprangen reich die Brunnen auf des Lebens, Da streckte keine Schale sich vergebens, Da lag das ganze Volk auf vollen Garben, Kein Platz war leer und keiner durfte darben.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Emily Ezust) , "All", copyright ©
19. Der Reisebecher  [sung text checked 1 time]
Gestern fand ich, räumend eines langvergessnen Schrankes Fächer, Den vom Vater mir vererbten, meinen ersten Reisebecher. Währenddeß ich, leise singend, reinigt ihn vom Staub der Jahre, War's, als höbe mir ein Bergwind aus der Stirn die grauen Haare, War's, als dufteten die Matten, drein ich schlummernd lag versunken, War's, als rauschten alle Quelle, draus ich wandernd einst getrunken.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Der Reisebecher"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "The travelling mug", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La chope de voyage", copyright © 2021, (re)printed on this website with kind permission
Research team for this page: Caroline Diehl , Sharon Krebs [Guest Editor]
20. Das weiße Spitzchen  [sung text checked 1 time]
Ein blendendes Spitzchen blickt über den Wald, das ruft mich, das zieht mich, das tut mir Gewalt: "Was schaffst du noch unten im Menschengewühl? Hier oben ists einsam! Hier oben ists kühl! Der See mir zu Füßen hat heut sich enteist, er kräuselt sich, flutet, er wandert, er reist. Die Moosbank des Felsens ist dir schon bereit, von ihr ists zum ewigen Schnee nicht mehr weit!" Das Spitzchen, es ruft mich, sobald ich erwacht, am Mittag, am Abend, im Traum noch der Nacht. So komm ich denn morgen! Nun laß mich in Ruh! Erst schließ ich die Bücher, die Schreine noch zu. Leis wandelt in Lüften ein Herdegeläut: "Laß offen die Truhen! Komm lieber noch heut!"
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Researcher for this page: Caroline Diehl21. Göttermahl  [sung text checked 1 time]
Wo die Tannen finstre Schatten werfen über Hänge goldbesonnt, unverwundet von der Firne Schärfen blaut der reine Horizont, wo das Spiel den rastlos wehnden Winden kein Gebälk und keine Mauer wehrt, wo, wie einer dunklen Sorge Schwinden, jede Wolke sich verzehrt, wo das braune Rind, wie Juno schauend, weidet und mit heller Glocke tönt, wo das Zicklein, lüstern wiederkäuend, den bemoosten Felsen krönt, schlürf ich kühle Luft und wilde Würzen, mit den selgen Göttern kost ich da - die mich nicht aus ihrem Himmel stürzen - Nektar und Ambrosia!
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Researcher for this page: Caroline Diehl22. Ich würde es hören  [sung text checked 1 time]
Läg dort ich unterm Firneschein auf hoher Alp begraben, ich schliefe mitten im Juchhein der wilden Hirtenknaben. Wo sonst ich lag im süßen Tag, läg ich in dunkeln Decken, der laue Krach und dumpfer Schlag, er würde mich nicht wecken. Und käme schwarzer Sturm gerauscht und schüttelte die Tannen, er führe, von mir unbelauscht, vorüber und von dannen. Doch klänge sanfter Glockenchor, ich ließe mich wohl stören und lauscht ein Weilchen gern empor, das Herdgeläut zu hören.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Researcher for this page: Caroline Diehl23. Firnelicht  [sung text checked 1 time]
Wie pocht das Herz mir in der Brust trotz meiner jungen Wanderlust, wann, heimgewendet, ich erschaut die Schneegebirge, süß umblaut, das große stille Leuchten! Ich atmet' eilig, wie auf Raub, der Märkte Dunst, der Städte Staub. Ich sah den Kampf. Was sagest du, mein reines Firnelicht, dazu, du großes stilles Leuchten? Nie prahlt ich mit der Heimat noch und liebe sie von Herzen doch! In meinem Wesen und Gedicht allüberall ist Firnelicht, das große stille Leuchten. Was kann ich für die Heimat tun, bevor ich geh im Grabe ruhn? Was geb ich, das dem Tod entflieht? Vielleicht ein Wort, vielleicht ein Lied, ein kleines stilles Leuchten!
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Researcher for this page: Caroline Diehl24. Schwarzschattende Kastanie  [sung text checked 1 time]
Schwarzschattende Kastanie, Mein windgeregtes Sommerzelt, Du senkst zur Flut dein weit Geäst, Dein Laub, es durstet und es trinkt, Schwarzschattende Kastanie! Im Porte badet junge Brut Mit Hader oder Lustgeschrei, Und Kinder schwimmen leuchtend weiß Im Gitter deines Blätterwerks, Schwarzschattende Kastanie! Und dämmern See und Ufer ein Und rauscht vorbei das Abendboot, So zuckt aus roter Schiffslatern' Ein Blitz und wandert auf dem Schwung Der Flut, gebrochen Lettern gleich, Bis unter deinem Laub erlischt Die rätselhafte Flammenschrift, Schwarzschattende Kastanie!
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Schwarzschattende Kastanie"
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Châtaignier à l'ombre noire", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
25. Requiem  [sung text checked 1 time]
Bei der Abendsonne Wandern, [Wann]1 ein Dorf den Strahl verlor, Klagt [sein Dunkeln es den]2 andern Mit vertrauten Tönen vor. Noch ein Glöcklein hat geschwiegen Auf der Höhe bis zuletzt. Nun beginnt es sich zu wiegen, Horch, mein Kilchberg läutet jetzt!
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Requiem"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "Requiem", copyright © 2022, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Gedichte von Conrad Ferdinand Meyer, Verlag von H. Haessel, Leipzig, 1882, page 55.
1 Stöhr: "Wenn"2 Stöhr: "ein Dunkeln es dem"
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Caroline Diehl , Peter Rastl [Guest Editor]
26. Abendwolke  [sung text checked 1 time]
So stille ruht im Hafen Das tiefe Wasser dort, Die Ruder sind entschlafen, Die Schifflein sind im Port. Nur oben in dem Äther Der lauen Maiennacht, Dort segelt noch ein später Friedfertger Ferge sacht. Die Barke still und dunkel Fährt hin in Dämmerschein Und leisem Sterngefunkel Am Himmel und hinein.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Abendwolke"
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- ENG English (Michael P Rosewall) , "Cloud at evening", copyright © 2023, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Nuage du soir", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
27. Nachtgeräusche  [sung text checked 1 time]
Melde mir die Nachtgeräusche, Muse, Die ans Ohr des Schlummerlosen fluten! Erst das traute Wachtgebell der Hunde, Dann der abgezählte Schlag der Stunde, Dann ein Fischer-Zwiegespräch am Ufer, Dann? Nichts weiter als der ungewisse Geisterlaut der ungebrochnen Stille, Wie das Atmen eines jungen Busens, Wie das Murmeln eines tiefen Brunnens, Wie das Schlagen eines dumpfen Ruders, Dann der ungehörte Tritt des Schlummers.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Nachtgeräusche"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Bruits nocturnes", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
28. Jetzt rede du!  [sung text checked 1 time]
Du warest mir ein täglich Wanderziel, Viellieber Wald, in dumpfen Jugendtagen, Ich hatte dir geträumten Glücks so viel Anzuvertraun, so wahren Schmerz zu klagen. Und wieder such' ich dich, du dunkler Hort, Und deines Wipfelmeers gewaltig Rauschen - Jetzt rede du! Ich lasse dir das Wort! Verstummt ist Klag und Jubel. Ich will lauschen.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Jetzt rede du!", appears in Gedichte, in 2. Stunde
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- ENG English (Emily Ezust) , "Now you speak!", copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Maintenant parle !", copyright © 2021, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Conrad Ferdinand Meyer, Gedichte, Leipzig: H. Haessel, 1882. Appears in 2. Stunde, page 42. Note: this is a later version of "Der Bergwald".
Research team for this page: Jakob Kellner , Melanie Trumbull