Sechzehn Gesänge , opus 62

by Max Reger (1873 - 1916)

1. Wehe [sung text checked 1 time]

Dröhnende Hämmer in rußiger Hand,
Sprühende Funken, verlodernder Brand,
Keuchendes Drängen bis tief in die Nacht,
Keuchende Brust in endloser Qual
Aber dann wehe, wehe der Macht!

Funkelnder Ampeln verschatteter Schein,
Trunkenes Toben, goldperlender Wein.
Lächelnde Sünde in gleißendem Glanz,
Heißa, Trompeten zum Tanz, zum Tanz!

Schamlose Schönheit mit leuchtendem Blick,
Knisternde Seide, verzückte Musik;
Purpurne Gürtel auf weißem Gewand,
Purpurne Gürtel in zitternder Hand.

Dröhnender Hämmer gewaltiger Takt,
Hei, wie die Zange, die glühende packt!
Surrende Räder wann endet die Nacht?
Aber dann wehe, wehe der Macht!

Authorship:

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

2. Waldseligkeit [sung text checked 1 time]

Der Wald beginnt zu rauschen,
den Bäumen naht die Nacht,
als ob sie selig lauschen,
berühren sie sich sacht.

Und unter ihren Zweigen,
da bin ich ganz allein,
da bin ich ganz mein eigen :
ganz nur Dein!

Authorship:

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Benaurança al bosc", copyright © 2020, (re)printed on this website with kind permission
  • DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Zalige bosrust", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
  • ENG English (Emily Ezust) , "Bliss in the woods", copyright ©
  • ENG English [singable] (Addie Funk) , "Forest solitude"
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Béatitude en forêt", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
  • IRI Irish (Gaelic) [singable] (Gabriel Rosenstock) , "Aoibhneas sna Coillte", copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission
  • SPA Spanish (Español) (Alfredo García) , "Felicidad del bosque", copyright © 2004, (re)printed on this website with kind permission

Confirmed with Richard Dehmel, Gesammelte Werke in drei Bände, Erster Band, S. Fischer Verlag, Berlin, 1920, Erlösungen, page 55.


Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

3. Ruhe [sung text checked 1 time]

[Hälst]1 mich nun ganz in den Armen,
bin deine süsse Last,
hast mit den Küssen, den warmen,
meine Welt umfaßt;
hast mich ganz genommen --
und die Stunden, die kommen,
ziehn verschüchtert vorbei --
und die Sehnsucht wird frei...
Licht und Liebe decken uns zu
in [seliger]2 Ruh.

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Pau", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission

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Confirmed with Franz Evers, Eva, Leipzig, Verlag "Kreisende Ringe" (Max Spohr), 1894, page 43.

1 Reger: "Hältst"
2 Gunkel: "sel'ger"

Research team for this text: Emily Ezust [Administrator] , Johann Winkler

4. Mensch und Natur [sung text checked 1 time]

Was tragen wir unsere Leiden 
  In diesen Glanz hinein?
Himmel und Erde weiden
  Sich nur an unsrer Pein!

Sie freuen sich und lachen
  Und wiegen sich im Glück
Und lassen uns, die Schwachen,
  In Nacht und Not zurück.

Sie freuen sich und sorgen
  Sich nicht um Menschenleid
Und winden aus Heute und Morgen
  Den Kranz der Ewigkeit.

Authorship:

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

5. Wir Zwei [sung text checked 1 time]

Wir haben oft beim Wein gesessen
Und öfter beim Grog.
Beim Pfandverleiher lag indessen
Der Sonntagsrock.

Wir haben die lustigsten Mädelgeschichten
Ausgetauscht,
An Abenteuer und an Gedichten
Uns weidlich berauscht.

Wir haben, o je, von unsern Schulden
Uns vorgeklagt,
Vertranken dabei den letzten Gulden:
Nur nicht verzagt!

Wir haben uns immer zusammengefunden,
Wars Wetter schlecht;
Und waren die greulichen Wolken verschwunden,
Dann erst recht.

Wir sind zwei Kirschen an einem Stengel,
Ein Zwiegesang,
Ein Kanon, wie er von Bach bis Klengel
Noch keinem gelang.

Wir sind zwei Schelme. Wenn sie uns fangen,
Philistergericht,
Wir müssen an einem Galgen hangen,
Sonst tun wirs nicht.

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • ENG English (George Chaldezos) , "We two", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission

Confirmed with Gesammelte Dichtungen von Gustav Falke, Berlin und Hamburg, Alfred Janssen, 1912, Volume 3, page 121.


Researcher for this text: George Chaldezos

6. Reinheit [sung text checked 1 time]

Deiner Liebe goldene Güte 
  Trägst du lächelnd durch meine Tage,
  Daß ich kaum zu atmen wage
Den Duft so junger Blüte.

Nur meine Augen freu'n sich dein,
Die Seele ist so still, so rein,
  Ein Abendteich, aus dessen Flut
  Der Schimmer hoher Sterne ruht.

Authorship:

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

7. Vor dem Sterben [sung text checked 1 time]

Wenn dich die tiefe Sehnsucht rührt,
Die Stirn des Ewigen zu küssen,
Wirst du dem Lächeln folgen, müssen,
Das über Strom und Gründe führt.

Ein gold'ner Stern ist deine Fähre,
Von keines Schattens Hauch bewegt,
Die aus der Qual der Erdenlande
Zum Inselland hinüber trägt.

Authorship:

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

8. Gebet [sung text checked 1 time]

Du ewigkalter Himmel, 
Ich schreie auf zu dir
Und ringe die bleichen Hände:
O gib Erlösung mir!

Gib mir den Frieden wieder,
Den mir dein Zürnen nahm,
Und laß mich nicht vergehen,
In Erdenweh und Gram!

Zerreisse deine Nebel,
Laß deiner Sonne Strahl
Auf meinen Leiden ruhen
Nur noch ein einzig mal.

Authorship:

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

9. Strampelchen [sung text checked 1 time]

Still, wie [still]1 -- 's ist Mitternacht schon,
Drunten [beim Fenster]2 duftet der Mohn,
Duftet so leise, [du merkst]3 es kaum,
Schläfert [mein Kind in tiefen Traum]4.

Liese, kleine Liese, thu's Beinchen hinein,
[Guckt]5 durch das Fenster der Mondenschein,
Sagt es den [Bäumen]6, die draußen stehn,
Daß er dein [nackendes]7 Beinchen gesehn.

Früh, wenn der Wind kommt, schwatzen sie's aus,
Hört es der Spatz und die Katz' aus dem Haus;
Lachen die Blumen [alle so]8 sehr,
[Weil]9 unsre Liese ein Strampelchen wär'.

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Confirmed with Grüße deutscher Dichter. Sammlung der schönsten Dichtungen, herausgegeben von Margarethe von Hochfeld, Berlin, Verlag von W. Kobach & Co., 1898, Volume 1, page 41.

1 Reger: "so still"
2 omitted by Reger.
3 Baldamus: "man merkt"
4 Reger: "das Kind in Traum"
5 Baldamus: "Kuckt" (typo?)
6 Reger: "Blumen"
7 Baldamus, Hildach: "nacktes"
8 Baldamus: "allesamt"; Hildach: "all' so"
9 Hildach: "Daß"

Researcher for this text: Harry Joelson

10. Die Nixe [sung text checked 1 time]

Aus der Tiefe tauchte sie nach oben,
Tauchte auf aus einem dunklen Traum,
Halben Leibes aus der Flut erhoben,
Äugt die Nixe auf zum Himmelsraum.

Welch ein [Leuchten]1! Ihre kühlen Arme
Bietet sie dem Kuß der Sonne dar,
Ihre Brust, daß einmal sie erwarme,
Und ihr feuchtes und verwirrtes Haar.

Ach, nicht Wärme zuckt durch ihre Glieder,
Nur ein Sehnen, das sie elend macht,
Und sie seufzt, und weinend taucht sie wieder
In die kalte, wunderliche Nacht.

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "L'ondine", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission

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Confirmed with Gesammelte Dichtungen von Gustav Falke, Berlin und Hamburg, Alfred Janssen, 1912, Volume 4, page 65.

1 Reger: "Glänzen"

Researcher for this text: Ferdinando Albeggiani

11. Fromm [sung text checked 2 times]

Der Mond scheint auf mein Lager,
Ich schlafe nicht,
Meine gefalteten [Hände]1 ruhen
In seinem Licht.

Meine Seele ist still, sie kehrte
Von Gott zurück,
Und mein Herz hat nur einen Gedanken:
Dich und [dein]2 Glück.

Authorship:

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Pieux", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission

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Confirmed with Gesammelte Dichtungen von Gustav Falke, Erster Band: Herddämmerglück, Hamburg und Berlin, Alfred Janssen, 1912, pages 119-120.

1 Voigt-Schweikert: "Hände sie"
2 Webern: "mein"

Research team for this text: Jeroen Scholten , Sharon Krebs [Guest Editor]

12. Totensprache [sung text checked 1 time]

Ich weiß, ich träume im Grabe
Schon viele tausend Jahre;
Heut' senkten sie mir zur Seite
Ein Mädchen mit sonnigem Haare.

Da spür ich den Hauch von Rosen,
Von dunkelpurpurroten,
Das duftet so leise herüber
Wie stiller Gruß von der Toten.

Authorship:

Researcher for this text: John Versmoren

13. Begegnung [sung text checked 1 time]

Was doch heut Nacht ein Sturm gewesen,
Bis erst der Morgen sich geregt!
Wie hat der ungebetne Besen
Kamin und Gassen ausgefegt!

Da kommt ein Mädchen schon die Straßen,
Das halb verschüchtert um sich sieht;
Wie Rosen, die der Wind zerblasen,
So unstet ihr Gesichtchen glüht.

Ein schöner Bursch tritt ihr entgegen,
Er will ihr voll Entzücken nahn:
Wie sehn sich freudig und verlegen
Die ungewohnten Schelme an!

Er scheint zu fragen, ob das Liebchen
Die Zöpfe schon zurecht gemacht,
Die heute Nacht im offnen Stübchen 
Ein Sturm in Unordnung gebracht.

Der Bursche träumt noch von den Küßen,
Die ihm das süße Kind getauscht,
[Er steht,]1 von Anmut hingerissen, 
Derweil sie um die Ecke rauscht.

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Encontre", copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
  • ENG English (Emily Ezust) , "Encounter", copyright ©
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Rencontre", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Rencontre", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Incontro", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
  • ITA Italian (Italiano) (Paolo Pupillo) , "Incontro", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission

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1 omitted by Reger.

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

14. Ich schwebe [sung text checked 1 time]

Ich schwebe wie auf Engelsschwingen,
Die Erde kaum berührt mein Fuß,
In meinen Ohren hör' ich's [klingen]1
Wie der Geliebten Scheidegruß.

Das tönt so lieblich, mild und leise,
Das spricht so zage, zart und rein,
Leicht lullt die nachgeklung'ne Weise
In wonneschweren Traum mich ein.

[Mein Himmel lebt in meinem Busen,
Der droben ist mir Hekuba,
Im Herzen wohnen meine Musen
Und nimmer in Olympia.]2
Mein schimmernd Aug' -- indeß mich füllen
Die süßesten der Melodien, --
Sieht ohne Falten, ohne Hüllen
Mein lächelnd Lieb' vorüberziehn.

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
  • DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
  • ENG English (Linda Godry) , "I float", copyright © 2007, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Je plane", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
  • ITA Italian (Italiano) (Enrico Magnani) , "Io fluttuo", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission

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1 Reger: "klagen"
2 omitted by Reger and Strauss.

Researcher for this text: Walter Riemer

15. Pflügerin Sorge [sung text checked 1 time]

Über der Erde Stirne,
durch Tag und Nacht,
pflügt ein hagres Weib
hin und her ...
Wilde Stiere,
kaum zu hemmen, ziehn,
reißen ihre Pflugschar durch den Grund:
Doch je rasender die Nacken zerrn,
nur so tiefer drückt den Baum sie ein.

Über der Erde Stirne,
durch Tag und Nacht,
führt Frau Sorge
Furche, Furche, Furche ...
Leidenschaften,
kaum zu zähmen, ziehn,
reißen ihre Pflugschar durch den Grund:
Doch je wilder die Dämonen zerrn,
nur so tiefer gräbt den Stahl sie ein.

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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

16. Anmutiger Vertrag [sung text checked 1 time]

Auf der Bank im Walde
han sich gestern zwei geküßt.
Heute kommt die Nachtigall
und holt sich, was geblieben ist.

Das Mädchen hat beim Scheiden
die Zöpfe neu sich aufgesteckt...
Ei, wie viel blonde Seide
da die Nachtigall entdeckt!

Den Schnabel voller Fäden,
kehrt Nachtigall nach [Haus]1
und legt das zarte Nestchen
mit ihrem Golde aus.

Freund Nachtigall, Freund Nachtigall,
so bleib's in allen Jahren!
Mir werd' ein Schnäblein voll Gesang,
dir eins voll Liebchens Haaren!

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • ENG English (Emily Ezust) , copyright © 2016
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Gracieux contrat", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission

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1 Reger: "Haus zurück"

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]